Journalismus mit Sponsor: Kaffeefahrt mit Apple
Technikunternehmen wie Samsung laden Journalisten gerne zu Reisen ein. Nicht alle gehen transparent mit solchen Geschenken um.
Am Wochenende gab’s eine große Sause. Hunderte Technikliebhaber aus aller Welt ließen sich auf Malta neue Hightechkühlschränke und smarte Fernseher erklären. Zur Abschlussfeier trat Nena auf. Die Reise hatten einige Veranstalter der Elektronikmesse IFA zusammen mit ihren „Partnern“, einem Luxushotel und einer Fluggesellschaft, spendiert. Malta war zum zweiten Mal Ziel der IFA Global Press Conference. Auch in Monaco, Alicante, auf Sardinien und Mallorca fand sie schon statt.
Für Technikjournalisten ist das – ähnlich wie für ihre Kollegen, die über Reise und Autos berichten – nicht ungewöhnlich: Sie werden oft auch zu anderen Ereignissen eingeladen. Die deutsche Dependance von Samsung erklärt etwa, sie übernehme Reisen für Journalisten „zu ausgewählten Anlässen“, um „den Redakteuren die Teilnahme an internationalen Branchenmessen wie der Consumer Electronics Show in Las Vegas“ zu ermöglichen – „selbstverständlich“ sei dies „an keinerlei Gegenleistungen gebunden“.
Die Berichterstatter teilen sich in zwei Lager. Es gibt jene, die erzählen, dass sie alles selbst zahlen, und jene, die sich einladen lassen. Nicht immer ist zu erfahren, wo die Berichterstatter stehen, zum Beispiel nicht bei Stern.de. Bei der Nachrichtenagentur dpa hatte hingegen der frühere Chefredakteur Wolfgang Büchner finanzielle Unabhängigkeit zur Regel gemacht. Bei Axel Springer gilt ebenfalls eine Anweisung der Konzernspitze.
Hin und wieder einladen
Auch Spiegel-Online-Cheftester Matthias Kremp berichtet, dass sich seine Redaktion zwar von Herstellern wie Apple Reisen zu Produktshows organisieren lässt, allein: „Unser Prozedere ist, dass wir uns über die Reisekosten eine Rechnung stellen lassen.“ Kremp ergänzt, dass dieses Vorgehen „die Unternehmen oft verwundert“. Nur bei Google seien Journalisten in der Regel auf sich gestellt. Es gebe – wenn überhaupt – nur eine Akkreditierung, aber weder Flug noch Hotel.
Andere Journalisten lassen sich mindestens hin und wieder einladen. Auf den Technikseiten der FAZ findet sich etwa der pauschale Hinweis, dass „ein Teil der besprochenen Produkte“ auf Reisen präsentiert worden sei, „zu denen Journalisten eingeladen wurden“. Beim Computermagazin Chip ist Ähnliches zu erfahren. In diesen Fällen greife aber ein „eigenes Genehmigungsverfahren“, sagt die stellvertretende Chefredakteurin Lisa Brack: „Mindestens drei Vorgesetzte“ würden solche Reiseanträge checken. Außerdem lehne man „Einladungen zu reinen Spaßveranstaltungen“ ab.
Wie viel Macht IT-Konzerne haben, zeigt sich wiederum beim Zugang zu Testgeräten. Natürlich möchte jede Redaktion neue Modelle so früh wie möglich testen, am liebsten vorab. Die Geräte sind allerdings mitunter stark limitiert. Während andere Hersteller Journalisten schon mal ungefragt ihre neuen Computeruhren zugeschickt haben, hat Apple von seinem Modell offensichtlich nur zwei Exemplare an deutsche Journalisten verteilt – an Bild und Spiegel Online. So wenige Testgeräte gab es vermutlich noch nie.
München statt Malta
Apple erklärt nicht, warum es seine Vorabtestgeräte derart verknappt – und schweigt, anders als beispielsweise sein Konkurrent Samsung, auch sonst zur eigenen Medienarbeit. Die Fachmagazine Computerbild und Chip vermuteten, dass sich Apple einem echten Labortest einfach so lange wie möglich entziehen wolle. Dann bestelle die Chip-Redaktion die Geräte einfach selbst, sagt Vize Brack. Apples Smartwatch ist am Wochenende eingetroffen. Einige IT-Journalisten hatten in den vergangenen zwei Tagen also viel zu tun – in München statt auf Malta.
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