piwik no script img

Konferenz zum AtomwaffensperrvertragHürden für A-Bomben-Abschaffung

In New York tagt die Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags. 125 Staaten fordern ein völkerrechtliches Verbot.

Widerstand gegen Atomwaffen ist in der Bevölkerung seit jeher groß: Demo in New York (Archivbild, 2005) Bild: dpa

GENF taz | Im New Yorker UNO-Gebäude beginnt am Montag die neunte Überprüfungskonferenz des 1970 in Kraft getretenen Vertrages über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen (Non-Proliferation Treaty, NPT), auf Deutsch oft auch „Atomwaffensperrvertrag“ genannt. Ein Erfolg der vierwöchigen Konferenz durch eine im Konsens aller 191 Vertragsstaaten verabschiedeten Abschlusserklärung ist sehr ungewiss.

Denn die Bedingung, unter der bei der letzten Überprüfungskonferenz im Mai 2010 im letzten Moment überhaupt nur eine gemeinsame Abschlusserklärung zustande kam, wurde bis heute nicht erfüllt: vor fünf Jahren beauftragten die Vertragsstaaten auf Antrag Ägyptens und der Arabischen Liga UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon, im Jahr 2012 eine Konferenz über die Schaffung einer Zone frei von atomaren, chemischen und biologischen Massenvernichtungswaffen im Nahen und Mittleren Osten „unter Beteiligung aller Staaten der Region“ durchzuführen.

Das Vorhaben scheiterte an der strikten Weigerung Israels, der einzigen Atomwaffenmacht der Region, an einer solchen Konferenz teilzunehmen. Die USA unterstützten die israelische Regierung. Bereits auf den drei Vorbereitungstagungen für die diesjährige NPT-Konferenz machten Ägypten und andere Staaten deutlich, dass sie ohne Garantien für eine Durchführung der Konferenz über eine massenvernichtungsfreie Zone keiner Abschlusserklärung zustimmen werden.

Eine weiteres Risiko für einen Erfolg der Überprüfungskonferenz liegt in den milliardenschweren Programmen, mit denen die USA und Russland derzeit ihre atomaren Waffenarsenale aufrüsten. Für die überwältigende Mehrheit von rund 75 Prozent der NPT-Vertragsstaaten ist diese Aufrüstung einer klarer Verstoß gegen die vertragliche Verpflichtung aller fünf offiziellen Atomwaffenmächte (USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien), ihre Arsenale „vollständig abzurüsten“.

Nukleare Teilhabe Deutschlands

Zu den zumeist als „Modernisierung“ verharmlosten Aufrüstungsprogrammen gehört auf amerikanischer Seite auch das Vorhaben, die in der Eifel lagernden Atombomben vom TYP B61 durch neue Systeme zu ersetzten, die zielgenauer sind und eine größere Zerstörungskraft besitzen. Der Deutsche Bundestag hatte bereits im Mai 2010 mit Zustimmung fast aller Abgeordneten von der CSU bis zur Linkspartei die Bundesregierung aufgefordert, die USA zum vollständigen und ersatzlosen Abzug der B-61-Bomben aus Deutschland zu veranlassen.

Diesem Auftrag des Parlaments ist die Bundesregierung jedoch nicht nachgekommen. Denn mit dem Abzug aller US-Atomwaffen aus Deutschland würde auch die sogenannte nukleare Teilhabe Deutschlands in der Nato beendet. Das bedeutet in der Praxis, dass im Kriegsfall auch Kampfflugzeuge der Bundesluftwaffe mit Atombomben der USA ausgerüstet werden könnten. Eine große Mehrheit der NPT-Staaten bewertet diese nukleare Teilhabe schon lange als Verstoß der USA wie Deutschlands gegen den Atomsperrvertrag.

Seit der letzten Überprüfungskonferenz im Mai 2010 haben drei internationale Konferenzen die verheerenden humanitären Folgen eines Einsatzes von Atomwaffen deutlich gemacht. Auf Initiative Österreichs fordern inzwischen 125 der 191 NPT-Staaten die Aushandlung eines völkerrechtlichen Vertrages zum weltweiten und ausnahmslosen Verbot von Atomwaffen, wie er bereits für chemische und biologische Massenvernichtungswaffen existiert. Die Bundesregierung lehnt dies jedoch mit der Begründung ab, damit würde „der Atomwaffensperrvertrag geschwächt“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • Wenn die Nahoststaaten unzufrieden mit dem Iranabkommen sind, werden innerhalb zweier Jahre die Türkei, Saudiarabien und Ägypten die Bombe haben.

    Mit Israels Atomwaffen haben sie kein Problem, mit schiitischen schon.

    • @Frank Heinze:

      seit wann zeichnen sich atomwaffen durch religionszugehörigkeit aus?

  • @ Redaktion Ähm sorry..... NTP.... das Teil heißt NON-Proliferation Treaty....... denn die Waffen sollen ja NICHT weiterverbreitet werden :)) Komplett heißt er Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons ... nur der Korrekheit halber :)

    • @Jean Noire:

      Danke für den Hinweis!

      • @taz Moderation:

        Gern, dafür sind wir da :))

  • Bei der Reichweite deutscher Militärflugzeuge kann doch nur Russland als Gegner im Rahmen der nuklearen Teilhabe infrage kommen,

     

    und warum würde der Atomwaffensperrvertrag bei einem weltweiten Verbot von atomaren Waffen geschwächt, wäre dieses Verbot nicht seine strikte Erfüllung?

    • @Tecumseh:

      genau das sollte man die bundesregierung bei jeder sich bietenden gelegenheit fragen?

      wie man sie auch fragen sollte, wann sie endlich den beschluß des bundestages umzusetzen gedenkt, von USA den abzug (besser noch verschrottung) der hierzulande stationierten A-waffen zu verlangen.

  • Betrifft: Bild oben

     

    Auch heute noch kann man viele Menschen mobilisieren, wenn es um die Abschaffung von Atomwaffen geht. Aber leider ist Problembewusstsein gegenüber den Risiken der zivilen Nutzung der Kernkraft kaum vorhanden (mal abgesehen von D. und einigen anderen Staaten).

     

    Schlimmer noch: Dank „erfolgreicher“ Werbekampagnen der Atom-Lobby betrachten die meisten US-Amerikaner die Kernenergie sogar als „grüne“ Energie!

    Und es geht noch schlimmer: Der ehemalige iranische Präsident Achmadinedschad erhob die Nutzung der Kernkraft zu einer „Sache des nationalen Stolzes“, und die gegenwärtige iranische Führung macht in diesem Sinne weiter.

     

    So wird wohl demnächst bei den G5+1-Gesprächen beschlossen werden, dass der Iran die zivile Nutzung der Kernkraft vorantreiben darf, wenn er dafür verspricht, die Finger von den noch gefährlicheren Atomwaffen zu lassen.

    Ein weltweiter Sturm der Entrüstung über diesen (faulen) Kompromiss ist leider nicht in Sicht.

    Trotzdem: Schon in der Bibel wird davor gewarnt, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben. Das wird nämlich nicht gelingen!

    • @Pfanni:

      Dann eben nochmal. Der Iran ist ein souveräner Staat. Über die Art und Weise der Energieerzeugung im Iran haben die G5+1 Staaten nicht das Geringste zu entscheiden.

      • @Rainer B.:

        Ist es denn so schwierig? Die Armee und die Art und Weise der Landesverteidigung unterliegen (eigentlich) auch der souveränen Entscheidung jedes souveränen Staates. Dann wären (eigentlich) auch die G5+1-Gespräche überflüssig.

         

        Aber selbst Russland und China, die beim Thema „Souveränität“ sehr empfindlich sind, machen mit!

        Warum? Weil sie wissen, dass eine radioaktive Wolke, ausgelöst durch eine A-Bombe, nicht an Staatsgrenzen Halt macht.

         

        Dass für eine radioaktive Wolke, ausgelöst durch eine AKW-Havarie das Gleiche gilt, hat sich leider noch nicht überall herumgesprochen!

        • @Pfanni:

          Die G5+1-Gespräche haben leider eben nicht den weltweiten Ausstieg aus der Kernenergie, oder die Abschaffung sämtlicher Atombomben zum Ziel. Ich hab auch noch nichts davon gehört, dass etwa die Schließung der israelische Atomanlagen in Soreq und Dimona von den Teilnehmerländern verlangt worden wäre. Russland will 26 Reaktoren bauen bis 2030, in China sind derzeit 20 Reaktoren im Bau und langfristig weitere 150 geplant, die USA hat weltweit die meisten Atomkraftwerke in Betrieb, zZt. 3 neue im Bau und 12 neue in Planung, Frankreich erzeugt 80% seiner elektrischen Energie aus Kernkraft, England hat derzeit 16 kommerzielle Atomanlagen, möchte gerne weitere bauen, findet aber wegen fehlender staatlicher Finanzierungen keine Betreiber dazu.

          Wenn nur von iranischen Atomkraftwerken radioaktive Wolken ausgehen könnten, würde Ihre Argumentation ja noch Sinn machen - aber so.