Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Atommüll in Tschernobyl, Flüchtlinge im Mittelmeer, die Modelle G36 und „Uschi15“, Lauer bei Springer und der Lucky Luke der AfD.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Naturkatastrophe in Nepal.
Und was wird besser in dieser?
Das Mittelmeer ist keine Naturkatastrophe, da kann man was machen.
Das Standardgewehr der Bundeswehr, das G36, wurde von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen aussortiert, weil es keine Zukunft mehr habe. Wie steht es um die Zukunft von Frau von der Leyen?
Wie kann man jahrzehntelang vom „militärisch-industriellen Komplex“ schwadronieren, vom „Selbstbedienungsladen Hardthöhe“ – und dann enttäuscht sein, wenn man recht hat? Das Modell „Uschi15“ etwa scheint ganz ähnliche Probleme zu haben: Beschafft, um Transparenz und zielgenaue Ansprache zu fördern, läuft sie schnell heiß und streut dann Friendly Fire auf Parteifreunde wie Thomas de Maizière. Jung, Guttenberg, Struck, Scharping – „alles Schlampen außer Mutti“, staunt der einfache Soldat. Tatsächlich hatte de Maizière es gewagt, spät, aber doch eine vergurkte Drohnenplanung abzuwürgen. Und irgendwo, nächstes Thema, schwirrt auch noch ein Marinehubschrauber herum, der nicht über See fliegen kann. Von der Leyen weiß immer schon, wer schuld ist. Dann muss noch geklärt werden, woran. Das macht sie zur bei sich selbst beliebtesten Ministerin. Nachdem sich die Geheimdienste ähnlich blamiert hatten wie jetzt die Bundeswehr, forderte die grüne Opposition die Abschaffung der Dienste. Nicht, wie jetzt: bessere Waffen. Urgrüne wären mit der Kirmeswumme G36 ganz gut bedient.
Der ehemalige Oberpirat Christopher Lauer wechselt zum Klassenfeind. Wird der Springer Verlag jetzt von innen zersetzt?
Nur kein Neid. Man kann ihm nicht vorwerfen, dass er die ganze Zeit auf der Lauer liegt. Springer sammelt schmucke Federn ohne großes Federlesen. Lauer dort heißt auch: Die anderen waren zu langsam.
Europas Spitzenpolitiker haben sich nun doch getroffen, um über das Massensterben im Mittelmeer zu sprechen. Wie viele Menschen müssen eigentlich ertrinken, damit die 28 Staats- und Regierungschefs einen gemeinsamen Termin finden?
Und wie viele, bis ich ein Gästezimmer freiräume? Das klingt ziemlich nach Kirchentag, und natürlich muss der Bürger nicht auch noch bessere Waffen kaufen, 20 Meter Autobahn bauen und mal mit dem Russen über die Ukraine reden. Dafür zahlen wir Steuern und wählen. Und doch ist das Engagement vieler, Flüchtlingen zu helfen, entscheidend für solche Politikerrunden: damit sie Mut finden, etwas anderes zu entscheiden als: „Sterbt woanders.“
Die Ukraine will ein neues Atommüllzwischenlager in der Sperrzone Tschernobyl – eine komische Art, den 29. Jahrestag der Nuklearkatastrophe zu begehen, oder?
Ein amerikanisch-ukrainisches Joint Venture, im Hintergrund der „G7“-Bemühungen, mehr Geld für den Deckel auf dem Havariemonster aufzutreiben. Bisher nahm Russland Strahlenschrott aus der Ukraine und lieferte neue Brennstäbe, da hieß das noch „G8“.
88 Prozent der Deutschen halten Günther Jauch für den besten TV-Moderator. Sind die noch zu retten?
Spaßvögel! Bei der Zahl schlagen doch alle BND-Algorithmen an.
Die putintreue Bikergruppe „Nachtwölfe“ macht sich auf den Weg, um auf den Spuren der Roten Armee zum Jahrestag des Kriegsendes in Berlin einzureiten. Freuen Sie sich?
Wenn ich jetzt darauf hinweise, dass die Morde an prorussischen Journalisten in der Ukraine deutlich weniger Raum in deutschen Medien fanden – bin ich dann wieder Putinist?
AfD-Vize Henkel hat seinen sofortigen Rücktritt erklärt; es habe zu viele interne Streitigkeiten gegeben. Darf man hoffen, dass sich das AfD-Problem bald von selbst löst?
Lucky Lucke, den isser auch los. Henkel hat sich nicht als Magnet ins FDP-Lager erwiesen, seinen Abgang wird die AfD verschmerzen. Henkels wirtschaftlich geprägter Liberalismus – „Wir haben nichts gegen Ausländer, die bei uns kaufen“ – rieb sich hie und da mit dem Pegida-Drall der Partei. Apropos – hat die AfD eigentlich den Kredit zurückbezahlt, mit dem sich Henkel ins Europaparlament kaufte? Ja, aus der Wahlkampfkostenerstattung? Ein erster Schritt gegen die Verschwendung von Steuergeldern, Respekt.
Und was machen die Borussen?
Das Pokalhalbfinale gegen die Bayern hat schon ein sachtes Aroma von „letzte Ferienwoche, bevor die Schule wieder anfängt“. Ach, komm. Wir hauen die einfach weg. Beste Lösung für alle.
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