: Richter unter öffentlichem Druck
DER FALL JONNY K.
Sechs Monate nach der tödlichen Prügelattacke gegen Jonny K. hat sich nun auch der letzte der Beschuldigten gestellt. Am 13. Mai wird sich Onur U. mit den fünf anderen Angeklagten – zwischen 19 und 25 Jahre alt – vor einer Großen Jugendkammer des Landgerichts wegen des Vorwurfs der Körperverletzung mit Todesfolge verantworten. Der Strafrahmen bewegt sich bei Heranwachsenden zwischen sechs Monaten und zehn Jahren.
Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) führte die Rückkehr von Onur U. auf die Intervention von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beim türkischen Premierminister Erdogan zurück. Was nicht überrascht: Schließlich werden ihm beste Kontakte zu Merkel nachgesagt. Tina K., die Schwester des Opfers, dankte dann auch Merkel und Heilmann, „dass sie sich so eingesetzt haben“.
Innensenator Frank Henkel (CDU) ist mit Tina K. sogar per Du. Henkel möchte Berlins Regierender Bürgermeister werden. Ein bisschen Schweinwerferlicht und Glamour wie neulich auf der Benefizveranstaltung anlässlich des Geburtstags des Getöteten kann nicht schaden. Auch sein Parteifreund Heilmann sieht sich noch nicht am Ende seiner Karriere. Als Justizsenator wäre er gut beraten, sich Stellungnahmen zu Verfahrensdetails zu enthalten. Aber bei jeder Gelegenheit hält der Medienprofi sein Gesicht in die Kameras, mutmaßt, dass Onur U. sich gestellt hat, weil er nicht in ein türkisches Gefängnis wollte. Selbst über Verteidigungsstrategien spekuliert Heilmann öffentlich. In Justizkreisen spricht man vom Versuch politischer Einflussnahme. Selten habe sich ein Justizsenator im Vorfeld eines Prozesses so exponiert.
Den Rest besorgen die Medien. Onur U. habe so lange mit seiner Rückkehr gezögert, weil er fürchtete, keinen fairen Prozess zu bekommen, sagt dessen Anwalt. Sein Mandant sei in den Medien zum „Mörder“ abgestempelt worden. Richter leben nicht im luftleeren Raum. Man darf gespannt sein, wie die 9. Strafkammer mit diesem Druck umgeht.
PLUTONIA PLARRE
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