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CHRISTIAN RATH ZUR EU-VORRATSSPEICHERUNG VON FLUGGASTDATENDe Mazières zweites Gesicht

Bisher gab der CDU-Innenminister Thomas de Maizière den netten Kerl, mit dem man durchaus reden kann. In den EU-Gremien zeigt er ein anderes Gesicht – und wirkt dort an Projekten mit, die in Deutschland politisch und rechtlich wohl nicht den Hauch einer Chance hätten, wären es nationale Gesetze.

Zunächst enthielt sich de Maizière beim Swift-Abkommen, das die Übermittlung von Abermillionen europäischer Bankdaten an die USA vorsieht. Jetzt gibt er den deutschen Widerstand gegen die Speicherung und Auswertung aller europäischen Fluggastdaten auf. Während das Bundesverfassungsgericht noch über die Zwangsspeicherung der Telefon- und Internetdaten berät, wirkt der Innenminister also schon an der Schaffung von zwei neuen gigantischen Vorratsdatenspeicherungen mit.

Beides – die Auswertung der Bank- wie die der Flugdaten – führt nicht gleich in den Polizeistaat. Aber es stellt entscheidende Weichen im Verhältnis Staat und Bürger. Was hier möglich ist, wird immer wieder möglich sein: Die dubiose Langzeitspeicherung von Bankdaten lagert man aus in die USA, die die Daten bei Bedarf auswerten und im Gegenzug die europäischen Sicherheitsbehörden mit Erkenntnissen füttern. Bei den Flugdaten geht man noch weiter: Weil die USA solche Daten seit Jahren speichern und auswerten, wollen die europäischen Innenminister das jetzt auch.

Wo bleibt da eigentlich die FDP, die doch als Bürgerrechtspartei in der Regierung sichtbar bleiben wollte? Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger konnte sich bei Swift nicht durchsetzen, zu den Fluggastdaten hört man sie bisher eher halblaut. Ihr Problem ist Parteichef Guido Westerwelle. Solange der sich nur für Steuersenkungen interessiert, bleibt die Justizministerin im Konflikt mit de Maizière ein Leichtgewicht.

Inland SEITE 7

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