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Wer hat’s versteckt?

WAS SAGT UNS DAS? Deutsche mit Konten in der Schweiz sind massenhaft „aufgeschreckt“. Warum nur?

Deutsche mit Konten in der Schweiz führen derzeit viele aufgeregte Telefonate in die Alpenrepublik. Nachdem die Bundesregierung eine CD mit 1.500 deutschen Steuersündern in der Schweiz ankaufen will, „steht vielen Deutschen der kalte Angstschweiß auf der Stirn“, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters einen Genfer Privatbanker. Bei ihm „laufen die Telefone heiß“, ebenso wie bei auf Steuerrecht spezialisierten Anwälten, die mit dringenden Terminwünschen aus Deutschland eingedeckt werden. Wieso eigentlich?

Haben die vielen tausend deutschen Staatsbürger, die zehntausende, hunderttausende oder gar mehrere Millionen Euro auf Schweizer Konten eingezahlt haben, lediglich vergessen, dieses Geld vorher zu Hause zu versteuern? Wurden über 175 Milliarden Euro deutscher Privatkunden auf Schweizer Banken einfach aus Versehen dem deutschen Fiskus entzogen? Dagegen sprechen die denkbaren Motive, warum überhaupt ein Ausländer sein Geld einer Schweizer Bank anvertrauen sollte.

Motiv eins: ich bin ein Diktator und will das meinem Volk geraubte Geld sicher und durch Bankgeheimnis geschützt im Ausland bunkern. So wie einst die Herren Duvalier aus Haiti und Marcos aus den Phillipinen. Doch dieses Motiv scheidet für Deutsche seit 1945 aus.

Auch der Grund, dass das eigene Land nicht über ein verlässliches Bankensystem verfügt, kommt für Deutsche nicht in Frage. Das Interesse, Profite aus kriminellen Geschäften (Drogen, Waffen etc.) oder illegale Parteispenden zu verstecken, dürfte nur für einen sehr geringen Teil deutscher Kontenbesitzer in der Schweiz zutreffen. Die von Schweizer Geldinstituten angebotenen Zinssätze können mit Sicherheit nicht der Grund sein. Denn die waren in der Vergangenheit immer nur maximal halb hoch wie in Deutschland. Und die in der Schweiz offerierten Anlagemöglichkeiten in Aktien, Wertpapiere etc. bieten keine höhere Rendite und Profite als in Deutschland.

Für die Verschiebung deutscher Geldvermögen auf Schweizer Konten bleibt also im Wesentlichen nur das Motiv, das deutsche Gemeinwesen um die dringend benötigten Steuereinnahmen zu betrügen. Recht so, wenn deswegen jetzt vielen Deutschen der kalte Schweiß auf der Stirn steht. ANDREAS ZUMACH

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