: Streit um Lex Dignitas
Koalitionskrach in Niedersachsen: Nicht nur die FDP ist gegen Gesetz, das Vermittlung von Sterbehilfe verbietet
Der Koalitionskrach in Niedersachsen um das Verbot von Sterbehilfevermittlung dürfte der im September gegründeten Dignitas-Filiale in Hannover weiter Publicity – und damit Zulauf – verschaffen. Am Tag bevor CDU und FDP den von Justizministerin Elisabeth-Heister Neumann (CDU) vorgelegten Gesetzesentwurf beraten wollten signalisierte der kleine Koalitionspartner gestern erneut wenig Kompromissbereitschaft. „Wir meinen, dass ein Verbot nicht erforderlich ist“, sagte FDP-Generalsekretär Stefan Birkner. „Es würde zu sehr in die Selbstbestimmungsrechte derjenigen eingreifen, die sich selbst töten wollen, weil sie schwer krank sind.“
Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) will die geschäftsmäßige Vermittlung von Sterbehilfe unter Strafe stellen. Sollte die FDP bei ihrer Position bleiben, wird nichts aus der von ihr geplanten Bundesratsinitiative. „Ich bin kompromissbereit, wenn die FDP eigene Ideen einbringen will“, sagte die Ministerin. Birkner ließ ein Türchen offen: Anstatt des Verbots geschäftsmäßiger Vermittlung könne er sich vorstellen, dass man das „gewinnorientierte“ Arbeiten verbiete. Dennoch, so Birkner: „Alle Probleme, die Frau Heister-Neumann anspricht, sind auch durch mildere Maßnahmen in den Griff zu bekommen.“
Das Verbot von Sterbehilfeberatung ist für den Grünen Ralf Briese eine „rechtliche Scheinlösung“. Verzweifelte und schwerkranke Patienten würden damit allein gelassen. Sie suchten sich also wahrscheinlich Beratung im Internet – oder im Ausland. Von 450 Sterbebereiten kamen nach Angaben der Sterbehelfer von Dignitas seit 1998 etwa 250 aus Deutschland in die Schweiz. Heister-Neumann sei mit ihrer „Lex Dignitas“ nicht nur komplett isoliert, sagte Briese. Die Justizministerin befördere damit sogar zudem den Sterbehilfetourismus. Anders argumentiert FDP-Birkner: Wenn sich ein Schwerkranker dazu entschlossen habe, seinem Leben ein Ende zu setzen, dürfe man ihm professionelle Hilfe nicht verweigern. „Der Wunsch, sich selbst zu töten, kann Ausdruck einer selbstbestimmten, frei verantwortlichen Entscheidung sein. Diesen Menschen die Unterstützung zu verweigern – und sei es in organisierter Form – dazu fehlt mir das schlagende Argument“. ksc
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