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Kompromisslos verhandeln

EU-Handelskommissar Mandelson will bei WTO-Runde keine Zugeständnisse machen

BERLIN taz ■ Wer zuerst blinzelt, hat verloren. Nach dem Schema dieses Kinderspiels scheinen die Verhandlungen in der Welthandelsorganisation WTO abzulaufen, glaubt man dem EU-Handelskommissar Peter Mandelson. „Europa wird nicht mehr zuerst blinzeln“, sagte er gestern in Berlin bei einem Vortrag über die EU-Handelspolitik nach der WTO-Ministerkonferenz von Hongkong im Dezember. Man habe schon zu viele Angebote gemacht, ohne dafür Gegenleistungen zu bekommen. Jetzt würden die EU-Staaten signalisieren: „Bis hierher und nicht weiter.“

In Hongkong hatte die EU angeboten, die besonders handelsverzerrenden Agrarsubventionen um 70 Prozent zu senken und die Agrarzölle um bis zu 60 Prozent abzubauen. Nun stehen diese Offerten anscheinend wieder zur Disposition. „Verhandelt, oder ihr werdet gar nichts bekommen“, rief Mandelson gestern in Richtung Genf, dem Sitz der WTO. Kämen die anderen WTO-Mitglieder der EU nicht bei ihren Forderungen nach offeneren Märkten für Industriegüter und Dienstleistungen entgegen, dann würden sie nicht einmal in den Genuss der schon angebotenen Zoll- und Subventionskürzungen der EU kommen. Als Beispiel für ein Land, das sich noch bewegen müsse, nannte Mandelson Brasilien. Die dortige Regierung wolle ein Zehntel der Zölle unangetastet lassen. So blieben etwa die Zölle für die Informationstechnologie-, Stahl- und Automobilbranche unverändert – und damit würde die europäische Industrie aus den für sie interessanten Branchen ausgeschlossen.

Bis April sollen erste konkrete Verhandlungsergebnisse bei der WTO in Genf erzielt werden. Wie das zu erreichen ist, wenn sich die EU nicht weiter bewegen will? Er sei offen für bilaterale Gespräche mit allen, die bereit seien, ihrerseits etwas zu bewegen, sagte Mandelson dazu nur.

NICOLA LIEBERT

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