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Schallende Ohrfeige für Kölner Politiker

Bei den Überprüfungen des millionenschweren Neubaus der Kölner Messehallen hat die Bezirksregierung nun Verstöße der Stadt Köln festgestellt. Das Ergebnis wird aber ohne Folgen bleiben. „Wir können nicht sanktionieren“

KÖLN taz ■ Hans Peter Lindlar fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Haut. Aber wie könnte es anders sein? Schließlich hatte der Kölner Regierungspräsident, erst seit August vergangenen Jahres im Amt, gestern in seinem Amtssitz eine unangenehme Pflichtaufgabe zu erfüllen. Lindlar musste zum umstrittenen Thema des Neubaus der Messehallen in der Domstadt Stellung nehmen – und der staunenden Öffentlichkeit erklären, warum eine Stadt gegen gleich mehrere Vorschriften verstoßen, aber niemand dafür zur Rechenschaft gezogen werden könne.

Ein gutes halbes Jahr lang hat die Bezirksregierung versucht, Licht in den undurchsichtigen millionenschweren Geschäftsdschungel zwischen der Stadt Köln, der KölnMesse, der Stadtsparkasse und dem privaten Oppenheim-Esch-Fonds zu bringen. Herausgekommen ist eine schallende Ohrfeige: „Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Beteiligung der Stadt Köln an dem Neubau der Messehallen nicht ordnungsgemäß erfolgt ist“, fasste Lindlar den von ihm präsentierten 21 Seiten umfassenden und mit dem nordrhein-westfälischen Wirtschafts- als auch dem Landesinnenministerium abgestimmten Bericht zusammen. So sei gleich mehrfach gegen kommunalrechtliche Vorschriften verstoßen worden. Konsequenzen werde dies allerdings nicht haben. Die abgeschlossenen Verträge blieben gültig und es könnte auch niemand persönlich zur Rechenschaft gezogen werden: „Das ist eine Gemeinschaftsleistung von Verwaltung und Politik“, resümierte Lindlar mit einem Anflug von Sarkasmus in der Stimme. „Wir haben keine Möglichkeit zu sanktionieren.“

Einer der aufgeführten Verstöße: Die Stadt hätte noch vor Abschluss die Aufsichtsbehörde über den geplanten Mietvertrag mit dem Esch-Fonds informieren müssen – inklusive der Vorlage einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Doch auch eine solche läge bis heute nicht vor.

Dabei geht auch der Regierungspräsident davon aus, dass die Urheber des Vertragswerks bewusst Vorschriften ignoriert haben, um die Bezirksregierung als Kontrollinstanz außen vor zu halten. Denn schließlich handele es sich um eine „äußerst geschickte Konstruktion“, die sich „nicht gerade durch Einfallslosigkeit“ auszeichne. Hat die Stadt dabei ein gutes oder ein schlechtes Geschäft gemacht? Lindlar formuliert es diplomatisch: „Es kommt auf den Standpunkt an.“

Ob die Verantwortlichen mit ihren dubiosen Geschäftspraktiken durchkommen werden, ist allerdings noch nicht ausgemacht. Zum einen prüft immer noch die EU-Kommission, ob gegen Vergaberecht verstoßen wurde. Zum anderen interessiert sich auch die Staatsanwaltschaft brennend für die Vorgänge. Gerade die ungeklärte Frage der Wirtschaftlichkeit sei „genau der Punkt, auf den sich die Ermittlungen richten“, so Lindlar. „Auf das Ergebnis sind wir gespannt.“

PASCAL BEUCKER

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