Berlin wird bunter: Schwullesbische Meilensteine in der Stadt

1897

Der Arzt und Sexualforscher Magnus Hirschfeld gründet im Kaiserreich das Wissenschaftlich-Humanitäre Komitee. Hirschfeld gilt als Vorreiter für die sexuelle Emanzipation und die homosexuelle Bewegung. Mit seinem Einsatz für die Straffreiheit von Homosexuellen war er wichtiger Wegbereiter für die Schwulen- und Lesbenbewegung in Deutschland.

Weimarer Republik

Während sich Berlin zum Mittelpunkt für Kunst und Kultur in Europa entwickelt, bekennen sich mit der aufstrebenden Freikörperkultur auch manche Berliner öffentlich zu ihrer Homosexualität. Die Stadt wird Anziehungspunkt für Schwule und Lesben; jede sexuelle Neigung, schreibt etwa Erich Kästner, werde ausgelebt. Dadurch entsteht schnell eine Szene mit etlichen Kneipen und Treffpunkten unter anderem am heutigen Nollendorfplatz. Das „Eldorado“ gilt mit seinen Transvestieshows als eines der bekanntesten Lokale in Europa. Erste Filme mit lesbischer Handlung kommen in die Kinos, 1924 erscheint Die Freundin, ein an lesbische Frauen gerichtetes Magazin.

1971

Nach der Naziherrschaft kommt in der BRD erst mit den 68ern auch die Schwulen- und Lesbenbewegung wieder in Schwung. Mit seinem Dokumentarfilm „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, die ihn umgibt“ regt Rosa von Praunheim viele Homosexuelle dazu an, sich zu organisieren. In der Folge gründen sich mehrere Initiativen. Eine der ersten ist die „Homosexuelle Aktion Westberlin“. Sie setzt sich für die Abschaffung des Paragrafen 175 ein, der „homosexuelle Handlungen“ zwischen Erwachsenen und unter 18-jährigen unter Strafe stellte. Endgültig aufgehoben wurde das Gesetz erst im Jahr 1994.

1979

Der erste CSD in Berlin findet unter dem Motto „Gay Pride“ statt. Rund 400 Demonstranten gehen für mehr Toleranz gegenüber Homosexuellen auf die Straße. Sie sind teils vermummt, weil sie Angst haben, erkannt zu werden. Es dauert bis in die neunziger Jahre, bis der CSD zum Massenspektaktel wird. Zum diesjährigen Umzug werden fast eine Million Menschen erwartet.

1981

„Wann schaffen es Tunten schon mal, frühmorgens aufzustehen?“, ist die Eingangsfrage auf der Website des Berliner Tuntenhauses. Offenbar im Winter 1981, als eine Gruppe Schwuler früh morgens das Haus in der Schöneberger Bülowstraße besetzt und es Tuntenhaus tauft. Es wird zu einem alternativen Wohn- und Kulturprojekt der Schwulenszene.

1984

Im Sommer erregt die Ausstellung „Eldorado“ über Geschichte, Kultur und Alltag homosexueller Frauen und Männer seit 1850 großes Aufsehen; ein halbes Jahr später gründen die Initiatoren das Schwule Museum. Im Mai 2013 eröffnet Klaus Wowereit die neuen großen Räumlichkeiten an der Lützowstraße in Tiergarten.

1990

Mit der Gründung von Maneo entsteht das erste schwule Anti-Gewalt-Projekt in Berlin, das Melde- und Informationsstelle für jegliche Art von Gewalt gegen Homosexuelle ist. Die Mitarbeiter beraten jährlich über 300 Betroffene.

1993

Erstmals wird bei der Berliner Polizei eine Ansprechstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen eingerichtet. Auch nach innen soll diese Stelle zu einer Sensibilisierung führen.

2001

Mit dem Satz „Ich bin schwul – und das ist auch gut so!“ ist Klaus Wowereit einer der ersten deutschen Spitzenpolitiker, die öffentlich über ihre Homosexualität sprechen. Wowereit wird damit zu einem Role Model für Politiker.

2012

Mit Ines Karl bekommt Berlin eine Oberstaatsanwältin, die sich gezielt um Fälle von homophober Kriminalität kümmert. Außerdem werden alle Straftaten in diesem Zusammenhang zentral bearbeitet. Erhofft wird eine höhere Aufklärungsquote der Fälle. BENJAMIN ZIMMERMANN