BERND KRAMER ZUR OECD-BILDUNGSSTUDIE: Mehr als nur Verteilungspolitik!
Dieser Wahlkampf soll einer um die Gerechtigkeit werden: Rot und Grün versprechen Steuererhöhungen für Besserverdienende und Vermögende. Richtig so: Der Staat braucht mehr Geld, um in Kitas, Ganztagsschulen und Studienplätze zu investieren – vor allem aber klafft ein Graben zwischen Arm und Reich, den es zu schließen gilt.
Steuern und Abgaben sind das naheliegendste Instrument der Verteilungspolitik. Aber eben nicht das einzige. Der jüngste OECD-Bericht zur Bildung zeigt eindringlich: Es sind die Uni- und Fachhochschuldiplome, die einen Keil durch die Gesellschaft treiben. Die Akademikergehälter eilen dem der restlichen Bevölkerung davon, in Deutschland so stark wie in kaum einem anderen vergleichbaren Land.
Mehr junge Menschen studieren zu lassen, ist deswegen aus zwei Gründen sinnvoll: Zum einen natürlich, weil für ein entwickeltes Industrieland hohe Qualifikationen überlebenswichtig sind. Bildung ist Wirtschaftspolitik – dieses Argument wird seit Jahren rauf- und runtergebetet. Zum anderen aber kann der Einkommensvorsprung der Akademiker nur schrumpfen, wenn ihnen mehr Hochschulabsolventen nachkommen. Bildungspolitik ist Verteilungspolitik.
Das sollte aber nicht zu dem Schluss verleiten, dass höhere Spitzensteuersätze und Vermögensabgaben damit hinfällig werden. Man braucht beides: mehr Bildungschancen und mehr Umverteilung im Anschluss. Denn: je höher der Anteil der Topqualifizierten, desto schwieriger die Lage derjenigen, die es nicht schaffen. Und für die wirklich lukrativen Elitepositionen, die unverschämt gut bezahlten Vorstandsposten in Großunternehmen, zählt weniger der Abschluss, den man erreicht, als vielmehr die Familie, aus der man kommt. Da hilft selbst ein Doktortitel mit Traumnote wenig.
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