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Spielregeln beim Budenzauber

Streiks in Hamburgs öffentlichem Dienst gehen heute erst richtig los: Wenn die Stadtreinigung den Müll nicht mehr abholt, erhöht sich der Leidensdruck. Senat deutet Kompromissbereitschaft an und setzt auf Verhandlungen mit Gewerkschaften

Von KAI VON APPEN und SVEN-MICHAEL VEIT

Der Arbeitskampf im öffentlichen Dienst für den Erhalt der 38,5-Stunden-Woche ist auch in Hamburg angelaufen. Den „Streikauftakt“ inszenierten am Sonntagabend die Beschäftigten des Thalia Theaters, wo nach einem Aufruf der Gewerkschaft ver.di rund 50 Bühnentechniker die Arbeit niederlegten. Die Abendvorstellung von „Effi Briest“ fiel aus. Gestern traten 400 MitarbeiterInnen des AK Eilbek für einen Tag in den Streik.

Heute beginnt – neben einem Warnstreik im AK Wandsbek – der unbefristete Ausstand bei der Stadtreinigung und in den bezirklichen Bauhöfen Wandsbek und Bergedorf. Zudem läuft bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Urabstimmung an, auch die Lehrergewerkschaft GEW trifft konkrete Vorbereitungen für einen Streik. Ziel der Aktionen ist die Übernahme des auf Bundesebene abgeschlossenen Tarifvertrags des öffentlichen Dienst (TVöD) mit 38,5 Wochenstunden, den der CDU-Senat aber nicht anerkennen möchte.

Mit dem „Erzwingungsstreik“ bei Müllabfuhr und Straßenreinigung nimmt ver.di einen besonders sensiblen Bereich ins Visier. Zwar wird sich der Ausstand erst nach einigen Tagen bemerkbar machen, wenn der Müll sichtbar aus den Tonnen quillt und die Straßenreinigung keinen Dreck oder Schnee mehr wegräumt. Doch dann dürfte mit dem Unrat auch der Leidensdruck rasch wachsen. Beim letzten großen Streik 1992 wurde der Müll elf Tage lang nicht abgeholt.

Eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden für die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst der Hansestadt bleibt indes das Ziel der Hamburger Regierung. Das machte der Chef der Senatskanzlei, Staatsrat Volkmar Schön (CDU), gestern in einem Pressegespräch im Rathaus deutlich. „Wir wollen den Konflikt nicht eskalieren“, versicherte der engste Mitarbeiter von Bürgermeister Ole von Beust (CDU), das sei jedoch „die Strategie von ver.di“.

Denn die Gewerkschaft habe zu Streiks aufgerufen, obwohl die Verhandlungen der Tarifpartner nicht für gescheitert erklärt wurden. Das sei „ein Bruch der klassischen Spielregeln“, warf Schön ver.di vor. Der Staatsrat ist zugleich Vorsitzender der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg (AVH), der fast alle hiesigen öffentlichen Unternehmen angehören, und somit Verhandlungsführer der öffentlichen Arbeitgeber. „Wir wollen die 40 Stunden“, deutete er Kompromissbereitschaft an, aber jeder wisse doch, dass man „nicht immer so aus Verhandlungen herauskommt, wie man hineingegangen ist“. Dazu müsse allerdings die Gewerkschaft „zurück an den Tisch und nicht wochenlang Budenzauber veranstalten“.

Ver.di-Landeschef Wolfgang Rose warf hingegen dem Senat „Missbrauch des Beamtenrechts“ vor. Seit Jahrzehnten sei es in der Bundesrepublik Tradition, Tarifvereinbarungen im öffentlichen Dienst auf die Beamten zu übertragen. Der CDU-Senat hatte jedoch 2002 per Gesetz Hamburgs Beamte verpflichtet, 40 Stunden zu arbeiten und wolle diese Vorgabe nun auf Arbeiter und Angestellte übertragen. Wenn Beamte aber als tarifpolitische Vorreiter missbraucht würden, stellt sich für Rose die Frage, „ob sie dann nicht auch ein Streikrecht haben müssten“.

Rose rechnet in der Bevölkerung mit großer Zustimmung zum Streik. Die Pläne des Senats entsprächen zwei Wochen unbezahlter Mehrarbeit im Jahr oder vier Prozent Lohnkürzung.

Als Alternative zu Einsparungen bei den Ländern und Kommunen schlägt Rose vor, die Einnahmemöglichkeiten besser auszuschöpfen: „In Hamburg hat die Umsatzsteuerhinterziehung eine Größenordnung von mehreren hundert Millionen.“

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