: Tarnung oder Chaos
LUFTANGRIFF VON KUNDUS Bundeswehrführung in Afghanistan eher entlastet – Regierung eher belastet
BERLIN taz | Nach der Vernehmung des ehemaligen deutschen Befehlshabers in Nordafghanistan, General Jörg Vollmer, im Kundus-Untersuchungsausschuss des Bundestags haben die Grünen ihre Kritik an der politischen Führung der Bundeswehr noch verschärft.
Der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour sagte am Montag: „Die militärische Führung hatte sehr früh Gewissheit“, dass es nach dem von Oberst Georg Klein befohlenen Bombardement in Kundus zivile Opfer gegeben habe. Dies aber leugneten der damalige Verteidigungsminister Franz-Josef Jung und Kanzlerin Angela Merkel (beide CDU) nach dem 4. September tagelang. „Entweder wir haben es mit Vertuschung im Wahlkampf zu tun, oder wir haben es mit unglaublich chaotischen Umständen zu tun im Verteidigungsministerium“, sagte Nouripour.
Vor zehn Tagen gab es im Untersuchungsausschuss zum Luftangriff in Kundus einen Eklat. Direkt vor der geplanten Befragung Vollmers sowie des Chefs des Einsatzführungskommandos in Potsdam, General Rainer Glatz, sprengte eine Spiegel-Online-Meldung über bis dato unbekannte Dokumente die Sitzung. Demnach hätten Vollmer und Glatz verabredet, Hinweise auf zivile Opfer aus dem Nato-Netz zunächst zu löschen.
Hierzu erklärte am Montag der CDU-Verteidigungspolitiker Ernst Reinhard Beck, dass Vollmer seiner Ansicht nach keine Vertuschungsabsicht gehabt habe. Die Meldung sei nur noch nicht von Oberst Klein autorisiert gewesen. „Deshalb wurde sie aus dem Netz genommen“, sagte Beck. Der Linken-Verteidigungspolitiker Paul Schäfer kommentierte: Das sei „erst einmal plausibel“, das „muss ich so hinnehmen“. Der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold fand Vollmers Aussagen dagegen „diffus“. UWI
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen