: Archaische Steinzeitpolitik
DROGEN Innensenator hält „nichts“ von Coffeeshop am Görlitzer Park. Bekennerschreiben zu Autobrand
Von der jüngsten Debatte über den Drogenverkauf im Görlitzer Park erfährt Innensenator Frank Henkel (CDU) im Urlaub. Seine Antwort, was er denn von dem Coffeeshop-Vorschlag halte, fällt kurz aus: „Nichts.“
Franz Schulz, der scheidende Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, hatte sich in der taz für eine „kontrollierte Verkaufsstelle“ ausgesprochen. Parkbesuchern blieben so Dealer und Polizeirazzien erspart. Umsetzen, das weiß Schulz, lässt sich die Idee momentan nicht.
Das weiß auch Thomas Wüppesahl. Trotzdem: „Der Vorschlag ist nur zu unterstützen“, sagt der Bundessprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizisten. Die Vereinigung sieht sich als Alternative zu den großen Polizeigewerkschaften, hat bundesweit nach eigenen Angaben aber nur 80 Mitglieder. „Man kann nur Ruhe in diesen eskalierten Dauerzustand zwischen Polizei und Bürgern hineinbringen, wenn man von der archaischen Steinzeitpolitik weggeht und weiche Drogen legalisiert“, so Wüppesahl.
Auch der Grünen-Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele, der den Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg direkt gewonnen hat, freut sich, dass seine alte Forderung „Gebt das Hanf frei“ nun auf die Tagesordnung kommt. „Natürlich bin ich für den Vorschlag“, sagte er. „Denn es sind große Probleme, die lassen sich mit polizeilichen Maßnahmen nicht lösen.“
Unterdessen teilte die Polizei mit, dass womöglich Autos aus Protest gegen die verstärkten Drogenkontrollen im Park angezündet wurden. In der Nacht zum Montag brannten vier Autos in der Görlitzer Straße vollständig aus. Die Polizei fand erst keine Hinweise auf eine politisch motivierte Brandstiftung. Am Montagnachmittag wurde dann auf dem Onlineportal Indymedia ein Bekennerschreiben veröffentlicht. Darin ist die Rede von „medialer Hetze“ gegen Schwarze im Park, die als „Dealer pauschalisiert“ würden. Da die „täglichen Menschenjagden der Bullen im Görlitzer Park inzwischen von Beifall klatschenden Bürgermobs begleitet“ würden, habe man die Autos angezündet. Ob das Schreiben wirklich von den BrandstifterInnen stammt, lässt sich nicht sagen. Auf der Webseite kann jeder anonym Texte veröffentlichen. SE
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