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Hamas als Touristen

AUS MOSKAU KLAUS-HELGE DONATH

„Einen Kübel Wasser gießen wir auf die Hoffnungen, Hamas könnte die Frage der Anerkennung Israels bei den Gesprächen in Moskau entscheiden“, meinte Hamas-Vertreter Mohammed Nassal, kaum war das Flugzeug aus Damaskus in der russischen Hauptstadt gelandet. Drei Tage wird die Delegation unter Leitung des Hamas-Chefs, Khaled Maschaal, in Moskau weilen. Gestern trafen die Vertreter der palästinensischen Terrororganisation mit dem stellvertretenden russischen Außenminister zusammen. Über den Inhalt der Gespräche wurde nichts bekannt. Ein Treffen mit Außenminister Sergei Lawrow ist ebenfalls geplant. Die vorgesehene Visite im Kreml soll Präsident Wladimir Putin laut israelischen Presseberichten nach internationalem Druck in letzter Minute indes abgesagt haben.

Dennoch statten die Palästinenser dem Kreml einen Besuch ab. Dieser sei ausschließlich „touristischer Natur“, bemühte sich der palästinensische Botschafter in Moskau umgehend um Klarstellung.

Der Kremlchef hatte die Hamas Anfang Februar nach deren Wahlsieg zu Gesprächen eingeladen und im Westen für Irritationen gesorgt. Bislang ließ sich das Nahost-Quartett, dem auch Russland angehört, von der Maxime leiten, mit Terrororganisationen keinen Dialog zu führen. Der Sieg in demokratischen Wahlen schaffe jedoch eine neue Ausgangslage, begründete Moskau das Gesprächsangebot. Außerdem habe Russland die Hamas nie als eine terroristische Vereinigung bezeichnet.

Moskaus Initiative ist Teil eines Versuches, Russlands verlorene Rolle als Mittler in der Nahostregion zurückzugewinnen. Außer dem Imagegewinn geht es vor allem darum, den USA als einziger Weltmacht Paroli zu bieten. Multipluralität heißt dies im Sprachgebrauch russischer Geopolitiker. Mit dem Sieg der Radikalen sah der Kreml seine Chancen plötzlich steigen, neue Verbündete in der islamischen Welt zu werben. Die Hamas-Connection wie die gesamte Politik im Nahen Osten und der islamischen Welt fußen indes noch nicht auf einem tragfähigen strategischen Konzept. Auch wenn der Kreml sich zur verlässlichsten Schutzmacht der islamischen Welt selbst ausruft. Russlands Glaubwürdigkeit leidet unter den zigtausend toten Muslimen in Tschetschenien und der Säuberungspolitik im Nordkaukasus.

Motor der Fühlungnahme ist allein die Ablehnung der USA als emotionales Leitmotiv der politischen Elite. Dies zeigte sich deutlich in der Jahrespressekonferenz des Kreml unmittelbar nach dem Hamas-Triumph, den Präsident Putin mit Schadenfreude als „einen ernsten Schlag gegen die amerikanischen Bemühungen im Nahen Osten“ quittierte.

Nach dem Zusammenbruch der UdSSR zog sich Russland aus der Region zurück und verzichtete auf eine eigene Nahostpolitik – zur Freude Israels, dessen Gegner Moskau bis heute mit Waffen versorgt. Ende der 60er-Jahre billigte das Politbüro erstmals auch die Zusammenarbeit mit Terrororganisationen, wenn sie dem antiwestlichen Kampf diente.

Der Rückzug blieb in Russlands Nomenklatura vor allem wegen wirtschaftlicher Interessen der Rüstungs- und Atomindustrie umstritten. Inzwischen träumt Moskau wieder davon, an frühere Kontakte anzuknüpfen, zumal viele in der UdSSR ausgebildete Experten auf einflussreichen Positionen in der arabischen Welt sitzen.

Doch wird dies nicht einfach sein. Ökonomisch ist Russland wenig attraktiv. Trotz enger Kooperation war die Wahrnehmung der UdSSR in der arabischen Welt damals nicht einmütig. Moskau galt zwar als antiwestliche Speerspitze, dennoch sahen die Araber in Russland ein westliches „Halbfertigprodukt“. Der Einmarsch in Afghanistan 1979 hat dem Ruf Moskaus in der Region überdies bleibenden Schaden zugefügt.

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