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portraitDer nette Herr mit dem kleinen Problem

Ernst Pfister ist ein Mann der leisen Töne. Baden-Württembergs Wirtschaftsminister drängt sich nicht in den Vordergrund. Öffentlichkeitswirksame Scherze, wie sie sein Vorgänger Walter Döring bei jeder Gelegenheit machte, sind seine Sache nicht.

Doch mit der Zurückhaltung ist es für den 58-Jährigen nun vorbei. Denn der FDP-Mann hat mitten im Wahlkampf einen Skandal am Hals. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe will gegen ihn wegen des Verdachts der Vorteilsannahme ermitteln.

Pfister soll Gutscheine für zwei Spiele der Fußball-WM in Stuttgart angenommen haben. Die bekam er vom Vorstandschef des Energiekonzerns EnBW, Utz Claassen, mit der Weihnachtspost. Wie der Justizminister und die Umweltministerin. Jene drei Minister, die mit den EnBW-Atomkraftwerken im Land etwas zu tun haben. Doch anders als die beiden Kabinettskollegen wies Pfister die Einladung nicht sofort, sondern erst Mitte Februar zurück.

Bereits zum zweiten Mal hat der sonst so umgängliche Wirtschaftsminister Probleme mit Claassen, gegen den Staatsanwälte in der Karten-Affäre schon ermitteln. Vor einem Jahr stritten sie sich in der Frage der AKW-Aufsicht. Claassen hatte Pfister damals als Minister dargestellt, der mit seiner Aufgabe „etwas überfordert“ sei. Pfister sei wie ein Junge, der mit einem Basketball zum Spielen käme und nicht merkte, dass Fußball gespielt würde. Das ging Ernst Pfister an die Ehre. Er war früher Sportlehrer. Trotzdem hielt er sich zurück, wie so oft.

Als Walter Döring im Juni 2004 wegen der fragwürdigen Finanzierung einer Umfrage zurücktreten musste, drängte sich der damalige Fraktionschef Pfister nicht auf. Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident wurde er trotzdem. Nicht, weil der Landesvorstand ihn wollte, sondern weil die Fraktion seine loyale Art schätzte.

Still akzeptierte Pfister Anfang 2005 auch seine erste Niederlage im neuen Amt. Damals ging es darum, wer Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 25. März 2006 werden sollte. Pfister war für eine Teamlösung, doch die Landesvorsitzende der Liberalen, Birgit Homburger, setzte Justizminister Ulrich Goll als Spitzenmann durch. Der könne die Wähler in den Großstädten besser ansprechen als der heimatverbundene Pfister aus Trossingen am Rand des Schwarzwalds.

Seine Zurückhaltung muss er jetzt aufgeben. Es geht um sein Amt und die Chancen der FDP bei der Landtagswahl. Nach einem politischen Absturz hätte er nur noch seine zweite Leidenschaft. Pfister ist Präsident des Deutschen Harmonika Verbandes und spielt die kleinste Mundharmonika der Welt.

MAURITIUS MUCH

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