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Illegal gewohnt

WERFTARBEITER

Die Debatte um schlechte Arbeits- und Lebensbedingungen von Leiharbeitern bei der Meyer Werft nimmt kein Ende. Anfang der Woche wurde ein weiterer Fall bekannt, bei dem rund 50 Werftarbeiter in einer illegalen Unterkunft untergebracht waren. Für die Appartment-ähnlichen Wohnungen, die in einer ehemaligen Molkerei im ostfriesischen Stapelmoor entstanden sind, gab es keine offizielle Baugenehmigung. Das ergab eine Kontrolle durch die Kommune. Der Besitzer will davon nichts gewusst haben.

Kreissprecher Dieter Backer sagte zwar, die Unterbringung sei nicht menschenunwürdig, doch hätten die Behörden gravierende Mängel festgestellt: Zwei der Schlafzimmer lagen im Inneren des Gebäudes und waren komplett ohne Tageslicht. Der Brandschutz war an vielen Stellen unzureichend, elektrische Anlagen hatten Mängel. Außerdem gab es keine Rettungswege. Der Landkreis sah darin eine Gefahr für Leib und Leben und schloss die Unterkunft. Der Besitzer hat bis Ende des Monats Zeit, die Arbeiter in Ersatzwohnungen unterzubringen.

Für Heiko Messerschmidt, Sprecher der IG Metall Küste, sei dieser Vorfall ein weiteres Zeichen dafür, dass es dringenden Handlungsbedarf gibt. „Wir müssen das Thema Werkverträge möglichst schnell anpacken“, sagt er. Nächste Woche sollen Verhandlungen um einen Tarifvertrag beginnen, der Kontroll- und Mitspracherechte des Betriebsrats bei Externen stärkt.

Im Juni waren zwei Werkvertragsarbeiter der Meyer Werft bei einem Brand in ihrer Unterkunft ums Leben gekommen. Die Werft geriet daraufhin wegen ihrer vielen Subunternehmer, die Billiglöhne zahlen, in die Kritik und reagierte mit einer Sozialcharta: Mindeststandards für Wohn- und Arbeitsbedingungen sollten künftig ebenso für Externe gelten wie der gesetzliche Mindestlohn.

Eine interne Arbeitsgruppe und die Staatsanwaltschaft überprüfen derzeit Ausbeutungsvorwürfe. Die Kommunen kontrollieren weitere Unterkünfte – mehr als 20 Hinweise seien beim Landkreis eingegangen, so Sprecherin Maike Duis.  MIKE

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