: Abschiebung vor laufender Kamera
Der Adolf-Grimme-Preis gilt als die wichtigste Auszeichnung für deutsche Fernsehautoren. Der Hamburger Michael Richter (Foto) erhält den diesjährigen Preis in der Wettbewerbssparte „Information & Kultur“ für seine 45-Minuten-Dokumentation „Abschiebung im Morgengrauen“, wie das Grimme-Institut gestern mitteilte. Die NDR-Eigenproduktion über die Hamburger Abschiebepraxis zeigt sechs Mitarbeiter der dortigen Ausländerbehörde und Polizisten bei ihrer Arbeit.
15 Drehtage, verteilt auf drei Monate, verbrachte Richter in der Abteilung für „Rückführungsangelegenheiten“ der Ausländerbehörde. Sie ist für Menschen zuständig, die ohne sicheren Aufenthaltstitel in Hamburg leben und jederzeit abgeschoben werden können. Die Sachbearbeiter ordnen Abschiebungen an und verlängern den wackeligen Duldungsstatus. Auch bei drei nächtlichen Abschiebungen war Richter mit einem Kamerateam dabei.
Den Auslöser, den Film zu machen, gaben mehrere Reisen des freien Journalisten in den Kosovo, wo er mit Abgeschobenen in Kontakt kam. Weil er viele Abgeschobene in wirtschaftlich und familiär sehr schwierigen Situationen angetroffen habe, so Richter, sei zunächst die Idee enstanden, einen Film über die Not von Zwangsrückkehrern zu machen. Später entwickelte er dann mit NDR-Redakteur Werner Grave die Idee, statt eines Films über Rückkehrer ein Stück über die Arbeit der Hamburger Ausländerbehörde und deren Konfrontation mit den Flüchtlingsschicksalen zu machen. Von den Vorbereitungen der ersten Reise in den Kosovo bis zur Realisierung des Films 2004 vergingen rund anderhalb Jahre.
Die entstandene Reportage besteche „durch Sensibiliät, Mut und Authentizität“, sagte gestern NDR-Indendant Jobst Plog. Richter sei ein „investigatives Stück von hoher Qualität“ gelungen. Zuvor war er dafür bereits mit dem Multikulti-Preis der ARD, dem CIVIS-Fernsehpreis, geehrt worden. wei
Der NDR zeigt den Film noch einmal am Montag, den 3. April um 23 Uhr
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