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Löcher im Schweizer Bankgeheimnis

STEUER Die Eidgenossen verpflichten sich, deutschen Finanzämtern künftig mehr Informationen über Hinterzieher mitzuteilen. Außerdem soll eine höhere Abgeltungsteuer nach Deutschland fließen

BERLIN taz | Diesen Vertrag werden nicht wenige Schweizer hassen: Vielen Eidgenossen gilt das neue Steuerabkommen mit Deutschland als überflüssige Geste der Unterwerfung unter den großen, arroganten Nachbarn Deutschland. Auch mit Rücksicht auf diese Stimmung gab sich der Schweizer Finanzminister Hans-Rudolf Merz am Freitag zurückhaltend, was die Einzelheiten betraf.

Merz und sein deutscher Kollege Wolfgang Schäuble (CDU) parafierten in Berlin den Entwurf des Abkommens. Obwohl wichtige Details erst noch ausgehandelt werden, ist klar: Das traditionelle Schweizer Bankgeheimnis gehört der Vergangenheit an. Künftig sind Schweizer Behörden und Finanzinstitute verpflichtet, deutschen Finanzämtern mehr Informationen über potenzielle Steuerhinterzieher mitzuteilen als bisher. Darüber, was das im Einzelnen bedeutet, herrschen allerdings Differenzen zwischen Berlin und Bern.

Im Bundesfinanzministerium sieht man die Sache so: Der Informationsaustausch müsse künftig so einfach sein „wie zwischen deutschen Finanzämtern“. Das hieße beispielsweise: Wenn das Kölner Finanzamt fragte, welcher deutsche Name sich hinter einer Schweizer Kontonummer verberge, müssten die Schweizer Kollegen helfen.

Die Mitarbeiter von Bundesrat Merz vertreten dagegen eine andere Position: „Damit ein effektiver Informationsaustausch möglich wird, bedarf es auch künftig der zweifelsfreien Identifikation der betroffenen Steuerpflichtigen.“ Neben solchen bedeutenden Details soll eine gemeinsame Arbeitsgruppe in den kommenden Monaten weitere strittige Fragen klären. Schäuble will ein Verfahren finden, um die in der Schweiz lagernden Vermögen deutscher Bürger nachzuversteuern.

Schätzungen über die versteckten Vermögen belaufen sich auf 100 bis 200 Milliarden Euro. Außerdem geht es um eine Abgeltungsteuer, die die Schweiz künftig auf die Zinseinnahmen deutscher Vermögen erheben und teilweise nach Deutschland überweisen soll.

Bis zur Unterzeichnung des Doppelbesteuerungsabkommens dürften Monate vergehen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Schweizer Volkspartei eine Volksabstimmung gegen den Vertrag durchsetzt. HANNES KOCH

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