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ärztestreikBedauerliche Spaltung

Nun streiken also auch die Ärzte an den NRW-Unikliniken. Gewerkschafter sollten das eigentlich begrüßen: Denn als vor sechs Wochen die übrigen Beschäftigten der Unikliniken in den Ausstand traten, hielten sich die im Marburger Bund organisierten Mediziner noch vornehm zurück. Allen Aufforderungen von Ver.di zum Trotz.

KOMMENTAR VON DIRK ECKERT

Die Sache hat nur einen Harken: Ärzte und die von Ver.di vertretenen Beschäftigten streiken nicht für dasselbe. Denn Ver.di will einen einheitlichen Tarifvertrag für die Unikliniken durchsetzen, den der Marburger Bund strikt ablehnt. Im letzten Herbst hat die Ärztevereinigung deswegen die Trennung von Ver.di beschlossen. Dass die Ärzte keinen für sie nachteiligen Tarifvertrag unterstützten wollen, ist verständlich. Und ihre Forderung nach 30 Prozent mehr Gehalt ist zwar ambitioniert – aber warum sollten die Ärzte einen etwaigen Kompromiss mit den Arbeitgebern schon vorweg nehmen? Gleichwohl ist die Spaltung der Klinik-Beschäftigten in Marburger Bund und Ver.di bedauerlich. Denn wer sich nicht zusammenschließt, wird gegeneinander ausgespielt. Der lachende Dritte heißt Helmut Linssen und ist Finanzminister von Nordrhein-Westfalen.

Völlig unverständlich ist dagegen das Vorgehen der Ärztevereinigung, sich Überstunden eher bezahlen zu lassen als ihren Abbau zu verlangen. Wie Ver.di-Chef Frank Bsirske vergangene Woche in Bonn richtig bemerkte: Eine 60-Stunden-Woche ist für Ärzte nicht weniger hart, wenn sie dafür mehr Geld bekommen. Überarbeitete Medizinier sind eine Gefahr für Patienten und Personal. Außerdem gilt auch im Operationssaal: Arbeitszeitverkürzung schafft neue Arbeitsplätze. Statt 30 Prozent mehr Geld zu fordern, sollten die Ärzte also lieber wieder den Schulterschluss mit den „nicht-wissenschaftlichen“ Kollegen suchen. Ob Dr. med. oder nicht: Angestellt sind sie alle.

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