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Runder Tisch zu Missbrauch nimmt Arbeit auf

ÖSTERREICH Vertreter von Jugendorganisationen, Bildungseinrichtungen und Kirchen wollen über den künftigen Umgang mit dem Thema beraten. Zudem geht es darum, Präventionsstrategien zu entwickeln

WIEN taz | Ein runder Tisch zum Thema „Missbrauch und Prävention“ hat am Dienstag in Wien begonnen. Gastgeberinnen sind Justizministerin Claudia Bandion-Ortner und Familienstaatssekretärin Christine Marek, beide ÖVP. Es geht um erste Überlegungen, wie mit dem heiklen Thema der sexuellen und körperlichen Misshandlungen von Minderjähriger umgegangen werden soll.

Enthüllungen über Misshandlungen in kirchlichen Einrichtungen Irlands und der inzwischen legendäre Fall am Berliner Canisius-Kolleg haben auch in Österreich eine Welle von Outings ehemaliger Zöglinge und Schüler ausgelöst. In den vergangenen Wochen sind Details über immer mehr sexuelle Übergriffe und brutale Erziehungsmethoden in vorwiegend kirchlichen Internaten und Anstalten bekannt geworden. Was die meisten Betroffenen empört, sind nicht nur die Handlungen selbst, sondern dass sie jahrelang niemand anhören wollte.

27 ExpertInnen von Jugendwohlfahrt, Kinder- und Jugendanwaltschaft, Kinderschutzzentren, Kindergärten und Schulen sowie weiteren Einrichtungen zu Opferschutz und Gewalt in der Familie wurden geladen. Auch die kirchlichen Ombudsstellen und die erst jüngst von Kardinal Christoph Schönborn geschaffene unabhängige Opferkommission sind dabei.

Deren Vorsitzende, die ehemalige ÖVP-Landeshauptfrau der Steiermark, Waltraud Klasnic, ließ sich aber aus terminlichen Gründen entschuldigen. Bei Klasnics Opferhotline sind in den ersten Tagen schon hunderte Anrufe von Betroffenen eingegangen. Mit zwei Opfern habe sie sich persönlich getroffen.

Klasnic ist nicht unumstritten, und das nicht nur wegen ihrer Nähe zur katholischen Kirche. Die pensionierte Politikerin, die mit ihrem früheren Sekretär Herwig Hösele in Graz die PR-Agentur Dreischritt betreibt, übt zwar ihre neue Funktion, wie sie versicherte, „ehrenamtlich“ aus, beschäftigt aber Hösele im Auftrag der Kommission mit Honorarvertrag und rechnet auch anfallende Spesen über Dreischritt ab.

Der runde Tisch soll vor allem Strategien für Prävention erarbeiten. Laut der Einladung soll es aber auch darum gehen, die Reaktion der zuständigen Stellen im Fall eines Verdachts zu verbessern und Kinder und Jugendliche sowie Fachkräfte und Eltern zu sensibilisieren. RALF LEONHARD

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