: Der müde Messias
FDP Christian Lindner ist der Mann der Stunde. Doch wie sich seine Partei jetzt inhaltlich und personell aufstellt, kann auch der NRW-Chef nicht sagen
DÜSSELDORF taz | Der letzte Hoffnungsträger der FDP wirkt übermüdet, fast verwirrt, als er am Dienstagmittag zur Pressekonferenz im heimischen nordrhein-westfälischen Landtag antritt. „Guten Morgen“, grüßt Christian Lindner kurz nach 13 Uhr die JournalistInnen.
Vor dem FDP-Mann, der hier Chef einer 21-köpfigen Fraktion ist, hat sich eine Phalanx aus Fernsehkameras aufgebaut, daneben Dutzende Print- und Radioleute. In Düsseldorf ist die Erwartung an Lindner besonders groß: Wenn es einer schaffen kann, die am Boden liegende FDP wieder in die Bundespolitik zurückzuführen, dann er, glauben viele. Hier am Rhein hat der 34-Jährige seine Partei schon im Landtagswahlkampf 2012 gerettet. Am Jahresanfang, vor seiner Nominierung als Spitzenkandidat, dümpelte die FDP bei miesen 2 bis 3 Prozent herum – im Mai holte der mittlerweile zum Landesparteichef Aufgestiegene dann satte 8,6 Prozent.
Auch am Dienstag versucht Lindner zu liefern. Der Mann, der hier parteiintern als eine Art Messias gehandelt wird, versucht sich in schonungsloser Analyse: Nach vier Jahren Regierungszeit im Bund sei „die liberale Idee verschüttet“, die FDP unter „Lobbyismus- und Klientelverdacht“ geraten. Auf das Aus im Bundestag hätten viele mit „Häme“ reagiert, so Lindner.
Auf die gescheiterte FDP-Spitze rund um Noch-Parteichef Philipp Rösler und den Exspitzenkandidaten Rainer Brüderle gibt Lindner nichts mehr. „Ausdrücklich“ habe er darauf verzichtet, von der „scheidenden Führung“ nominiert zu werden. Ob er Vorsitzender der Bundespartei werde, könne „nur unser Souverän, die Parteibasis“ entscheiden.
Inhaltlich aber bleibt Lindner blass. Die FDP werde „weder nach rechts noch nach links drehen“, stattdessen wolle er die Partei „nach vorn“, in der „gesellschaftlichen Mitte“ positionieren.
Um bei den WählerInnen zu punkten, soll die FDP das Image der sozialen Kälte verlieren. Von der Fixierung auf den Wirtschaftsliberalismus aber kann er nicht lassen: Deutschland brauche eine „Partei, die wirtschaftliche Vernunft mit gesellschaftlicher Liberalität“ verbinde. 50 Prozent des Haushalts gingen in Sozialtransfers – das Geld müsse „aber auch erwirtschaftet werden“.
Klar wird Lindner nur, wenn es um seine eigene Person geht: Neben dem Bundesvorsitz will er auch Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag und NRW-Parteivorsitzender bleiben. Nur so könne sein „Projekt 2017“, der Wiedereinzug in den Bundestag, gelingen, meint er – und hofft auf eine „Reihe starker Persönlichkeiten“.
Doch wer das sein könnte, weiß er noch nicht: Der einzige Name lautet bisher: Wolfgang Kubicki, schleswig-holsteinischer Fraktionschef.
ANDREAS WYPUTTA
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