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Antifa als Nachrichtendienst

GEGEN NAZIS Eine Gruppe linker Aktivisten hat es sich zum Ziel gesetzt, Rechtsextreme in Südbaden aufzuspüren und bloßzustellen. Sie veröffentlicht „Communiqués“ mit Informationen über sie im Internet. Meist weiß sie mehr als der Verfassungsschutz

Als die Polizei dann die Wohnung eines Aktivisten der Jungen Nationaldemokraten durchsuchte, fand sie genau die Zutaten für die Sprengstoffherstellung, die die Antifa gemeldet hatte

VON CHRISTIAN RATH

FREIBURG taz | Sie nennen sich Autonome Antifa Freiburg – und sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, Nazis zu outen. In ausführlichen „Communiqués“ listete die Gruppe in den vergangenen Jahren immer wieder Namen, Fotos, Adressen, Aktivitäten, Kontakte und Eigenschaften von Rechtsextremen auf. Dazu gehören Angehörige rechter Organisationen wie der Hammerskins wie auch lose Netzwerke und Einzelne. In einem Gespräch mit der taz (siehe unten) beschrieb ein Mitglied der Gruppe jüngst, wie die Autonome Antifa vorgeht.

Dass es eine aktive rechtsextreme Szene in der Region um Freiburg gibt, wurde erst im September dieses Jahres wieder deutlich: Damals flog der Plan auf, mit Modellflugzeugen einen selbst gebauten Sprengsatz über einer Antifa-Kundgebung abzuwerfen. Als die Polizei mehrere Häuser durchsuchte, fand sie entsprechende Kleinflugzeuge und eine funktionsfähige Rohrbombe, gefüllt mit Schwarzpulver und kleinen Metallkugeln. Derzeit ermittelt das Landeskriminalamt gegen vier Männer aus der rechtsextremen Szene, einer von ihnen sitzt in U-Haft.

Wer diese vier Leute sind, hatte die Autonome Antifa schnell heraus: Nur wenige Tage später veröffentlichte die Gruppe ein umfangreiches Communiqué im Internet: „Vernetzte Einzeltäter in Freiburg und Umgebung“ hieß die Materialsammlung. Detailliert wurden darin die vier Beschuldigten und ihre Kontakte vorgestellt.

Von dem 24-jährigen Freiburger Sascha H. heißt es etwa, dass er schon als Drogenkonsument und Ecstasy-Dealer aufgefallen war. Im Juni habe er sich bei einer Party im Suff aus Versehen selbst angezündet und lag deshalb lange im Krankenhaus. In seinem Hauptschulzeugnis habe er in Physik ein „ungenügend“ erhalten – trotzdem könne er „mit Bomben töten“. Vor vier Jahren hatte die Antifa die Polizei sogar selbst auf die Spur des rechten Bombenbastlers Thomas B. aus Weil am Rhein gebracht: Sie schickte ein Communiqué mit ihren eigenen Ermittlungsergebnissen zuerst an die Behörden, später veröffentlichte sie es. Als die Polizei dann die Wohnung eines Aktivisten der Jungen Nationaldemokraten durchsuchte, fand sie genau die 22 Kilo Chemikalien und anderen Zutaten für die Sprengstoffherstellung, die die Antifa gemeldet hatte.

Ein Erfolg ihrer Enthüllungen und Recherchen ist, so sagen die Antifa, dass die Nazis in Südbaden insgesamt ziemlich schwach sind. So sei die Gründung von freien Kameradschaften immer wieder gescheitert. Und der NPD-Kreisverband hat sich 2009 aufgelöst, nachdem die Antifa ein Communiqué veröffentlichte, indem der Wohnsitz des Kreisvorsitzenden John Bürgel ebenso aufgeführt war wie sein Fitnessclub und welche erotischen Bildbände er sich zum Geburtstag wünschte.

Warum der baden-württembergische Verfassungsschutz weniger Erfolg bei der Aufdeckung rechtsextremer Aktivitäten hat, erklärte dessen Chefin Beate Bube in einem Interview so: „Wir arbeiten eben – anders als die autonome Antifa – rechtstaatlich.“

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