DIE WERBEPAUSE: Erfolgsniere gefällig?
Matthias Schweighöfer sieht nicht gut aus. Blass ist er, die Augen melancholisch-fiebrig, das Haar dramatisch zerrauft. Er erinnert an Goethes Werther, wie er da von diesem Plakat auf die Wartenden an der Bushaltestelle schaut. Die großlettrige Aufschrift, die sich über das Gesicht des Schauspielers legt, tut ihr Übriges: „Du bekommst alles von mir. Ich auch von Dir?“ „Sicher“, möchte man angesichts dieses Anblicks entgegnen.
Til Schweiger schaut, wie er eben immer so schaut. Er will ebenfalls „alles“ vom vorbeischlendernden Passanten haben und bietet dafür ebenfalls einiges. Alles von Schweiger? „Ach, nein, danke.“
Was die Herren da anpreisen beziehungsweise verlangen, sind ganz prosaisch Körperteile: Herz, Lungen, Nieren, Bauchspeicheldrüse, Dünndarm. Nebst einem unterernährt wirkenden Model unterstützen sie die Organspende-Kampagne des Deutschen Herzzentrums Berlin.
Und so werden Organe zur Luxusware. Eine Promi-Niere? Erstklassig! Wer will da schon auf den Dünndarm eines Hartz-IV-Empfängers zurückgreifen müssen? Oder mit der Leber einer langjährigen Obdachlosen leben?
Sie finden diese Äußerungen problematisch? Ich auch. Ebenso wie diese personalisierte Kampagne, bei der man sich automatisch fragt: Wer wird der Spender/Empfänger meines Organs sein? War/ist er schön? Klug? Erfolgreich? Beliebt? Wohlriechend? Herzlich willkommen im Organ-Kapitalismus.
KIRSTEN REINHARDT
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