: Grüne gehen auf Distanz
VON STEFAN ALBERTI
Politik für die ganze Stadt, haben die Grünen vor der Abgeordnetenhauswahl 2011 versprochen. „Eine Stadt für alle“, war das Motto ihrer damaligen Spitzenkandidatin Renate Künast. Der Horizont der Partei sollte aus der Innenstadt über den S-Bahn-Ring hinaus gehen.
So wie die damalige Spitzenkandidatin ist offenbar auch dieses Projekt in den Hintergrund geraten oder sogar im Mülleimer politischer Ideen gelandet. Nur so lässt sich erklären, warum die Grünen nicht einer Parlamentsreform zustimmten, die Politik und Politiker greifbarer machen soll, und das am Tegeler Forst und am Müggelsee genauso wie in Kreuzberg.
Ständige Anlaufstellen
Abgeordnete bekommen künftig das Geld, möglichst in ihren Wahlkreisen Büros zu mieten und Mitarbeiter einzustellen, die ganztags Anlaufstelle für Bürger sind. Auf pfälzisch und mit Ex-SPD-Chef Kurt Beck gesprochen: „Immer nah bei de Leut.“ 10 Millionen Euro soll das jährlich kosten.
Angesichts der Politik- und Politikerferne vieler Wähler ist das ein Weg, das Parlament mehr zu erden, stärker anzudocken. Das sehen nicht nur die Regierungsfraktionen so, sondern auch Linke und Piraten. Die Grünen aber wollen mehr Macht in der Zentrale, mehr Geld für die Fraktionen, wollen „die Bürger einladen“, dort, im Abgeordnetenhaus in Mitte, Politik mitzugestalten. Und vor der Abstimmung erst eine Debatte mit der Stadtgesellschaft über deren Erwartungen führen.
Man kann halt auch die einfachsten Dinge verkomplifizieren. Das Parlament hat am Donnerstag über einen 23-Milliarden-Haushalt entschieden. Da ist es durchaus in der Lage, guten Gewissens eine 10-Millionen-Euro-Entscheidung zu treffen.
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