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prostitution zur wmEs bleibt ein Medienhype

Zum Spiel Deutschland gegen Polen schreibt die Bild-Zeitung den lang ersehnten Wirtschaftsaufschwung herbei: „Sex-Invasion zum Spiel – Die Huren brüsten auf!“ Von 40.000 zusätzlichen Prostituierten, die nach Deutschland kommen und auf das Geschäft des Jahres hoffen, ist die Rede. Eine Zahl, die von Prostituierten-Hilfsorganisationen immer wieder dementiert, angezweifelt und als Phantasie bezeichnet worden ist. Auch bei anderen Großereignissen kämen die Prostituierten ja nicht in Scharen. Dennoch hält sich diese Zahl, von der niemand weiß, wer sie in die Welt gesetzt hat, hartnäckig und wurde von den Medien schon lange vor dem Start der Fußball-WM gerne und oft transportiert.

von KATHARINA HEIMEIER

40.000 Prostituierte, der Ansturm auf deutsche Bordelle, Scharen von Freiern auf dem Straßenstrich – das sind Superlative, die gut passen zum allgemeinen WM-Hype, auch wenn sie sich längst als falsch erwiesen haben und die Fußballfans nur gucken wollen – Fußball und Mädchen. Klar, dass die Bild trotzdem gerne vom Sex-Alarm zum WM-Kracher heute Abend schreibt. Ein paar nackige Mädels, eine nette Schlagzeile – und ein bisschen Unterstützung für die heimischen Bordelle und ihre kreativen Sonderangebote zur WM.

Und der polnische Fußballfan, was mag der denken, wenn die Bild ihm seine halb nackte Landesgenossin, die polnische Bardame Karolina (25) präsentiert, einen Fußball in der Hand, und nur mit einem um den Hals gelegten Schal? Vielleicht wird er das Spiel in Dortmund gucken, anschließend irgendwo ein Bier trinken und nach Polen zurück fahren mit der Erkenntnis, dass die Deutschen es etwas großzügiger handhaben. Vielleicht lässt er sich von der Bild zu einem Besuch bei seiner Landsfrau animieren und trägt tatsächlich etwas bei zum Aufschwung der deutschen Wirtschaft. Vielleicht aber – und das ist das Wahrscheinlichste – kriegt er nichts mit vom Hype der deutschen Medien.

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