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Ausnahmezustand in der City

PROTEST Verwaltungsgerichte entscheiden über das Verbot, in der Innenstadt für die Rote Flora zu demonstrieren. Der Senat würde das besetzte Zentrum auch zurücknehmen

„Die Polizei damit das bewiesen, wogegen sich unser Protest richtet: Dass es de facto ein Versammlungsverbot für die Innenstadt gibt“

AKTIVIST DER ROTEN FLORA

VON KAI VON APPEN

Die Gerichte haben das letzte Wort: Die Organisatoren der internationalen Demonstrationen für den Erhalt der Roten Flora haben am Donnerstag gegen den von der Polizei für den 4. Adventssamstag verfügten Ausnahmezustand für die City Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht. „Die Klage liegt der Kammer vor, sie ist relativ umfassend“, sagte Gerichtssprecher Andreas Lambiris der taz. Spätestens am Freitagvormittag werde eine Entscheidung fallen, damit noch Rechtsmittel möglich seien.

Die Polizei hatte am Mittwoch zwei Kundgebungen in der City verboten, was Polizeisprecher Mirko Streiber so umschrieb: „Die Polizei hat nichts verboten, sondern versammlungsrechtlich nur die Auflage erteilt, die Kundgebung an den S-Bahnhof Sternschanze zu verlegen.“ Denn die Polizei geht von mindestens 5.000 Teilnehmern aus. Davon stuft sie 3.000 Autonome in die Kategorie „gewaltbereit“ ein. Nach taz-Informationen sind 4.000 Polizisten angefordert worden, die City demonstrationsfrei zu halten. Darunter sind viele auswärtige Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten und das Spezialkommando „USK Bayern“, das zur Aufstandsbekämpfung aufgebaut wurde.

Ursprünglich hatten die Organisatoren der Aktionen für den Erhalt des seit 24 Jahren besetzten Zentrums in der Schanze für den späten Nachmittag zu einer Kundgebung vor dem Büro des Immobilienberaters Gert Baer im Business Improvement District Neuer Wall aufgerufen. Das Motto: „Rote Flora bleibt unverträglich – Business Improvement Districte abschaffen!“

Baer gilt als Motor der derzeitigen Räumungskampagne gegen die Rote Flora. Als Berater des Besitzers Klausmartin Kretschmer soll er offensichtlich den Wert der historischen Immobilie am Schulterblatt für eine inzwischen involvierte US-Investment-Firma steigern.

Kretschmer und Baer haben im Oktober beim Bezirksamt Altona einen Bauvorbescheid beantragt – mit dem Ziel, das Areal der Roten Flora und den Flora-Park mit einem Mega-Veranstaltungszentrum mit Konzerthalle für 2.500 Besucher zu bebauen. Öl goss das Duo ins Feuer, indem es den Flora-Nutzern vorige Woche ein Ultimatum setzte, die Immobilie bis zum heutigen Freitag zu räumen. „Rein vorsorglich“, wiegelt Baer nun gegenüber der taz ab, damit keine Rechtsansprüche verstreichen.

Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat im Radiosender NDR 90,3 angeboten, dass die Stadt die Flora zum Verkaufswert von 2001 – rund 190.000 Euro – wieder unter ihre Fittiche nehmen könnte. „Wir sind offen für einen Rückkauf“, sagte Scholz. Die Abfuhr kam prompt: „Seit Monaten weisen wir darauf hin, dass Herr Kretschmer nicht mehr daran interessiert ist, die ‚Alte Flora‘ an die Stadt zurück zu verkaufen“, erklärte Baer.

Eine weitere Kundgebung war unter dem Tenor „Die Stadt gehört allen“ vor dem Sitz des City-Managements gegenüber der Handelskammer geplant. Hier sollte dagegen protestiert werden, dass das City-Management durch die für den Einzelhandel organisierten „Weihnachtsparaden“ dafür sorgt, dass die City an den Dezember-Samstagen zur demofreien Zone wird.

Beide Demo-Verbote werden damit begründet, dass es „Lageerkenntnisse“ gebe, auswärtige Autonome vor allem aus den vom Sozialabbau gebeutelten Ländern Spanien und Griechenland planten Gewaltaktionen.

Das Angebot der Veranstalter, beide City-Kundgebungen auf dem Jungfernstieg zu bündeln, habe die Polizei abgelehnt. „Damit hat sie das bewiesen, wogegen sich unser Protest richtet: Dass es de facto ein Versammlungsverbot für die Innenstadt gibt“, sagte ein Rotflorist. „Ein völliges Tabu der Innenstadt verstößt gegen das Versammlungsrecht“, sagte der Anwalt der Kläger Andreas Beuth.

Hingegen hat die Polizei die Hauptdemonstration um 15 Uhr für den Erhalt der Roten Flora und der Esso-Häuser durchgewinkt, da sie sich lediglich im Bereich St. Pauli und Schanzenviertel bewegen soll.

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