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„Die haben mich einfach abgewimmelt“

Im Fall El Masri schildert ein früherer Telekom-Direktor seinen vergeblichen Versuch, die Botschaft zu informieren

BERLIN taz/afp ■ Im Fall der Entführung des Deutschlibanesen Khaled El Masri durch den US-Geheimdienst CIA sind neue Zweifel an der angeblichen Unkenntnis deutscher Behörden aufgekommen. Ein früherer Direktor der Deutschen Telekom in Mazedonien, Wolf-Dieter M., sagte gestern vor dem BND-Untersuchungsausschuss des Bundestags, er habe die deutsche Botschaft in Skopje Anfang 2004 telefonisch über die Festnahme eines Deutschen an der mazedonischen Grenze informiert. Am Telefon habe ein Botschaftsangehöriger ihm gesagt: „Ja, ja, das ist bekannt.“ M. betonte jedoch, er habe nur von der Festnahme „eines Deutschen“ berichtet. Dass es sich um eine Person namens El Masri handelte, habe er nicht gewusst. Über das Verhalten der Botschaft sagte M.: „Die haben mich einfach abgewimmelt.“

Erst am Mittwoch war bekannt geworden, dass M. die deutsche Botschaft in Skopje bereits im Januar 2004 über die Festnahme eines Deutschen informiert haben will. Die Bundesregierung erklärt, sie habe erst nach der Freilassung El Masris Ende Mai 2004 von der Verschleppung des deutschen Staatsbürgers erfahren. Auch ein BND-Mitarbeiter hatte Anfang 2004 von der Festnahme gewusst, dies aber angeblich nicht nach oben weitergemeldet.

Der Ausschuss vernahm gestern zunächst Staatsanwalt Martin Hofmann. Dieser sagte, bis vor kurzem habe es keine Erkenntnisse über eine Mitwisserschaft deutscher Behörden gegeben. Doch ließen die neuesten Entwicklungen „das Ganze womöglich in einem etwas anderen Licht erscheinen“. Dazu müsse weiter ermittelt werden.

Auch El Masri bekräftigte gestern bei seiner Vernehmung im Untersuchungsausschuss noch einmal, dass er während seiner Gefangenschaft in Afghanistan unter anderem von einem Deutschen namens Sam befragt worden sei. Dieser Mann habe ihn auch auf dem Rückflug begleitet. „Sam war vom Aussehen her, auch vom Akzent, ganz sicher deutsch“, sagte El Masri. Er habe den Mann auch direkt gefragt, ob er Mitarbeiter einer deutschen Behörde sei. Sam habe sich geweigert, ihm darüber eine Auskunft zu geben.

El Masri hatte bereits früher entsprechende Aussagen gemacht. Die Staatsanwaltschaft fand aber keine Bestätigung für Hinweise, dass es sich um einen bestimmten Beamten des Bundeskriminalamtes (BKA) gehandelt habe. Oberstaatsanwalt August Stern hatte deshalb vor dem Ausschuss erklärt, diese und eine weitere Spur seien „abgehakt“. Möglich sei aber, dass der US-Geheimdienst einen sehr gut Deutsch sprechenden Mitarbeiter zum Verhör eingesetzt haben könnte. Der Untersuchungsausschuss dauerte gestern bei Redaktionsschluss noch an

El Masri war Silvester 2003 in Mazedonien festgenommen, nach Afghanistan verschleppt und dort von der CIA verhört und misshandelt worden. Nach fünf Monaten kam er frei.

Der Anwalt des Deutschlibanesen, Manfred Gnjidic, legte inzwischen vor dem Münchner Landgericht Beschwerde gegen das monatelange Abhören seiner Telefonate ein. Er halte die Aktion für verfassungswidrig, sagte Gnjidic. LKW, RAB

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