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Vom Hostel ins Nachtasyl

MIGRATION Bezirksamt Mitte will den aus der Eisfabrik geräumten Bulgaren keine dauerhafte Bleibe anbieten: Sie sollen Notunterkünfte aufsuchen

Noch eine letzte Nacht im Hostel – dann müssen sich die aus der Eisfabrik geräumten 23 Bulgaren eine neue Bleibe suchen. Er könne ihnen nur einen Platz in einer Notunterkunft für Obdachlose anbieten, sagte der Bezirksbürgermeister von Mitte, Christian Hanke (SPD), am Mittwoch.

Vorangegangen war ein Treffen mit den Betroffenen und deren Unterstützern im Rathaus Mitte, bei dem diese die Forderung nach festem Wohnraum für die Bulgaren bekräftigten. Enttäuscht und verärgert verließen die Bulgaren nach Hankes Absage den Raum. Am Abend berate man, wie es weitergehe, sagte ein Unterstützer. Die Bulgaren hatten über ein Jahr in der Ruine der Eisfabrik am Spreeufer in Bretterverschlägen gelebt. Nach einem Gerichtsurteil musste der Eigentümer, die Telamon GmbH, das Gebäude kurz vor Neujahr räumen lassen. Gleichzeitig gab das Gericht dem Bezirksamt auf, die obdachlos gewordenen Personen unterzubringen.

Zehn Tage im Hostel

Zehn Tage hatte das Bezirksamt Hostelplätze bezahlt. Es sei eine einmalige humanitäre Hilfe ohne Rechtsanspruch gewesen, so Hanke. Aus Gründen der Gleichbehandlung könne bei den Bulgaren kein Unterschied zu anderen Obdachlosen gemacht werden. „Es greift das ganz normale System unserer Stadt.“

Bei dem Gespräch erhielten die Betroffenen Listen mit den Adressen und Öffnungszeiten von Notunterkünften in ganz Berlin. Die Unterstützer wendeten ein, diese Unterkünfte seien angesichts der vielen Obdachlosen ständig überbelegt. Außerdem seien sie mit den Lebensverhältnissen der Bulgaren nicht kompatibel. Diese würden zumeist nachts arbeiten und tags schlafen. Notunterkünfte sind aber tagsüber geschlossen. „Unabhängig davon möchte die Gruppe gern als Gemeinschaft zusammenbleiben“, sagte eine Unterstützerin.

Sozialstadtrat Stephan von Dassel (Grüne) erwiderte, in der Notunterkunft am Charlottenburger Franklinufer gebe es erfahrungsgemäß immer Platz.

PLUTONIA PLARRE

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