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Die Allee der Gegner

Die Argentinische Allee in Zehlendorf zieht sich wie ein müdes Fußballspiel in der Verlängerung. Ein Besuch

Die Argentinische Allee ist lang, ziemlich lang. Sie zieht sich durch Zehlendorf wie ein quälender Kick in der Verlängerung, in der beide Mannschaften versuchen, bloß keinen Fehler zu machen und zu verlieren. Wer die villengesäumte Straße entlangspaziert, den beschleicht das Gefühl zu wissen, welche anstrengende Aufgabe auf die deutsche Fußballnationalmannschaft zukommt, wenn sie heute auf den Namensgeber ebenjener Straße trifft.

Die beginnt ausgerechnet am Mexikoplatz. Gegen Mexiko haben die südamerkanischen Kicker den Einzug ins Viertelfinale geschafft. Ihr Endpunkt ist der U-Bahnhof Oskar-Helene-Heim, Namensgeber war ein Krankenhaus.

Entlang der Allee weht keine einzige Deutschlandflagge. Auch die vorbeirauschenden Autos tragen nur ganz selten patriotische Zeichen. Wenigstens die Anwohner geben sich vorsichtig zuversichtlich. Sabine Passenheimer zum Beispiel will sich trotz ihres Wohnorts nicht mit den argentinischen Fußballern identifizieren und ist natürlich für Deutschland. „Ich hab meine Wohnung aber nicht bewusst wegen dem Namen ausgesucht“, sagt die sonnenbebrillte Frau. Auch die Anhänger des argentinischen Teams hätten die Straße noch nicht entdeckt. Fanhorden, die Flaggen schwenkend über ihre Zehlendorfer Fanmeile ziehen, hat sie noch nicht gesehen: „Hier ist es wie immer völlig ruhig.“ Auch Benjamin, ein junger Berliner, der früher einmal hier gewohnt hat und gutgelaunt über die Allee flaniert, ist sich sicher, dass Deutschland gewinnt.

Richtig euphorisch klingt das nicht. Eigentlich würde man doch gerade auf dieser Allee mehr engagierte Deutschland-Fans erwarten. Doch die Hoffnungen werden enttäuscht. Fast am Ende der Allee eilt dann doch noch eine mit Deutschland-Trikot und schwarzrotgoldenem Schweißband bekleidete Frau auf die andere Straßenseite. Viel Zeit hat sie jedoch nicht. Sie sei gar nicht von hier, nur zufällig vorbeigekommen und müsse auch sofort weiter, ruft sie – und verschwindet in einer Nebenstraße. Sie heißt: Am Waldfriedhof. Liegt da der deutsche Fußball begraben?

In der S-Bahn zurück nach Mitte sieht es wieder besser aus. Die „Fanmeilen Linie“ S 1 ist in die Farben Deutschlands gehüllt. Überall wackere Fans, die mehr als nur glauben, die sich auch dafür anstrengen, dass der Weg der Argentinier bei dieser WM nicht so lang ist wie die nach ihnen benannte Allee.SEBASTIAN LEHMANN

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