: Teure Taxifahrten
BETRUG Ein Fahrer chauffierte seine Kunden für bis zu fünfmal mehr Geld als üblich
„Brauchen Sie ein Taxi?“ rief Talip M. Reisenden zu, die gerade das Flughafengebäude in Tegel verlassen hatten. Dann lotste er sie an seinen Kollegen vorbei zu seinem Taxi. Doch nicht sein unkollegiales Verhalten brachte den 48-jährigen Familienvater am Donnerstag vor ein Moabiter Schöffengericht. Vielmehr wird ihm gewerbsmäßiger Betrug, Nötigung und räuberischer Diebstahl vorgeworfen – 22 Fälle aus der Zeit von März 2012 bis März 2013, wahrscheinlich ist das nur die berühmte Spitze des Eisbergs.
Die Taten ähneln sich: M. chauffierte seine Kunden, am Ziel rief er dann den doppelten bis fünffachen Fahrpreis auf. Wenn die Touristen ihm Geld gegeben hatten, behauptete er etwa, statt zwanzig Euro nur einen Fünf-Euro-Schein erhalten zu haben. Einem Kunden, der ihm drei Hundert-Euro-Scheine gegeben hatte, soll er erfolgreich weisgemacht haben, es habe sich nur um drei Zehner gehandelt.
Auf kaum leserlichen Quittungen vermerkte M. laut Anklage stets geringere Beträge. Doch meist soll er sich mit dem Geld aus dem Staub gemacht haben, ohne den Geprellten Quittung und Wechselgeld zu geben. Die blickten dann vom Straßenrand auf ein Fahrzeug mit geöffneter Kofferraumklappe, welche die Taxi-Nummer und das Auto-Kennzeichen verdeckte.
Kreativ zeigte sich M. gegenüber einer Berlinerin, der er erklärte, das Taxameter wegen eines Taxistreiks nicht einschalten zu können. Die Zentrale würde ihm den korrekten Fahrpreis nennen. Allerdings müsse die Kundin einen Notdienstzuschlag zahlen.
M. wollte sich gestern nicht zu den Vorwürfen äußern – dafür sprachen einige seiner Opfer, die aus Argentinien, Mexiko und halb Europa, aber auch aus Süddeutschland anreisten. Eine von ihnen, eine 60-jährige Ärztin, erinnerte sich noch gut an die nette Unterhaltung. 67 Euro habe M. für die Fahrt verlangt. Im Hotel erfuhr sie, dass sie für diese Strecke nur 25 Euro hätte zahlen müssen. „Ich habe mich so geärgert, dass ich zur Polizei gegangen bin“, sagte die Zeugin. Der Prozess wird fortgesetzt.
UTA EISENHARDT
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen