: Bruno macht weiter Probleme
Nach dem Tod des prominenten Bären: Umweltschützer protestieren, Touristen stornieren Bayernurlaub, und der italienische Umweltminister fordert „Auslieferung“
SCHLIERSEE/MÜNCHEN dpa ■ Der Abschuss von Braunbär Bruno in den bayerischen Alpen sorgt weiter für Aufregung: Der italienische Umweltminister Alfonso Pecoraro Scanio will offenbar die „Auslieferung“ des toten Tiers nach Italien verlangen. Urlauber stornieren aus Protest ihren Urlaub in Schliersee, und in Berlin demonstrierten Jagdgegner unter dem Motto „Alle Jäger sind Bruno-Töter“.
Die formelle Anfrage aus Italien soll bereits am Montag an den bayerischen Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) verschickt werden, berichtete der italienische TV-Sender RAI. Zur Begründung hieß es, der in Bayern erschossene Bär dürfe nicht zu einer Touristen-Attraktion werden. Zudem stamme das Tier aus dem italienischen Adamello-Brenta-Park in Trentino. Derzeit wird der Kadaver tiefgefroren in Bayern aufbewahrt.
Umweltminister Scanio hatte bereits vergangene Woche formale Beschwerde in Brüssel gegen die Erschießung des Braunbären eingereicht. Er verlangte eine bessere, EU-weite Koordinierung beim Schutz von gefährdeten Tierarten. Bruno gehörte zu dem von der EU finanzierten Projekt „Life Ursus“ zur Wiedereingliederung von Bären in ihr natürliches Lebensumfeld.
Nach Zeitungsberichten hatte es bereits im Vorfeld Unstimmigkeiten gegeben, weil der italienische Umweltminister angeboten hatte, Bruno fangen zu lassen und in seine Südtiroler Heimat zurückzubringen. Das bayerische Umweltministerium wies diese Darstellung allerdings zurück und verteidigte erneut den Abschuss. Morgen soll es nun ein Treffen europäischer Bären-Experten in Trient geben, die über ein gemeinsames Bärenmanagement beraten wollen.
Der Leiter der Kurbetriebe der Gemeinde Schliersee, Matthias Schrön, berichtete unterdessen, dass bis zum Freitag bereits 35 Urlaubsstornierungen eingegangen seien. Obwohl die Gemeinde an der Abschussentscheidung nicht im Geringsten beteiligt gewesen sei, müsse sie sich inzwischen wegen Brunos Tod gegen wütende Beschimpfungen wehren. „Wir fühlen uns wie die Prügelknaben, die den Kopf hinhalten müssen, obwohl wir nicht dabei waren“, sagte Schrön. Der Bär habe sich bei seinen Wanderungen im österreichisch-bayerischen Grenzgebiet zufällig gerade in der Region aufgehalten.
Brunos Ende bewegt auch das Herz von Tierschützern in Berlin. Unter dem Motto „Wir alle sind Bruno“ demonstrierten am Samstag nach Polizeiangaben dort etwa 100 Menschen für die Abschaffung der Jagd. Gegen Umweltminister Schnappauf, seine Mitarbeiter und die Jäger gibt es wegen Brunos Abschuss inzwischen eine Reihe von Strafanzeigen. Die Staatsanwaltschaft München II will frühestens bis Freitag entscheiden, ob ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Bruno war am vergangenen Montag erlegt worden.
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