SIMONE SCHMOLLACK ZU DEN DEBATTEN ÜBER GARANTIERTE KITA-PLÄTZE: Allgemeines Desinteresse
Schon lange wurde nicht mehr so viel über Kinder, Bildung und Eltern debattiert wie in den vergangenen Monaten. Es geht um frühkindliche Förderung, Kita-Plätze, Rechtsansprüche, Geschlechterbilder, Eltern- und Kindeswohl. Es gibt Zahlen, Studien und Begehrlichkeiten.
Jetzt warnt der Deutsche Städtetag vor einer bevorstehenden elterlichen Klagewut ab 2013: Weil die Kommunen überfordert seien, bis dahin so viele Kita-Plätze zu schaffen wie nötig: Damit wäre der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz Makulatur. Auch mangele es an gut ausgebildetem Personal. Das Bundesfamilienministerium reagiert flugs, es will (arbeitslose) Männer zu Erziehern umschulen lassen. Pädagogen und Bildungswissenschaftler hingegen fordern, dass sowohl die Ausbildung als auch die gesellschaftliche Stellung von Erzieherinnen und Erziehern verbessert werden muss.
Das ist alles gut und richtig. Doch es scheint, als bleibe es einzig bei den Debatten, darüber hinaus passiert zu wenig. Zugegeben, es braucht seine Zeit, bis Kitas gebaut und eingerichtet sind, bis gutes Personal gefunden ist. Das wahre Problem aber scheint ein ganz anderes zu sein: ein allgemeines Desinteresse gegenüber Kindern.
Wenn Familien in Single-Hochburgen wie München und Hamburg keine Wohnung finden, weil Hundejaulen erlaubt ist, nicht aber Kindergeschrei, wenn Schüler auf dem Pausenhof von ihren LehrerInnen angehalten werden, nicht zu toben, weil es sonst Stress mit den Nachbarn gibt, dann stimmt etwas nicht im Sozialgefüge. Wir brauchen keine weitere Studie, wir brauchen einen Paradigmenwechsel. In den Debatten der vergangenen Monate wurden alle Beteiligten nämlich nie müde zu betonen, dass „unsere Kinder unsere Zukunft“ sind.
Inland SEITE 6
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen