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Firmenkredite statt Prestigeprojekte

LANDESBANKEN Als Global Player haben die landeseigenen Institute versagt. Und einige auch bei der internen Korruptionsbekämpfung. Aber Aufgaben gibt es für die Banken mit öffentlichem Auftrag mehr als genug

„Wir wollen das System völlig neu überarbeiten“

LEO DAUTZENBERG, CDU

HAMBURG taz | Wenn es unter den deutschen Banken Verlierer der Finanzkrise gibt, so gehören die Landesbanken dazu. Die Union wolle das System „völlig neu“ überarbeiten, sagte CDU-Finanzexperte Leo Dautzenberg am Montag. Auch Grüne und Sozialdemokraten verlangten, den Sektor neu zu strukturieren.

Etwas verwirrend ist allerdings, dass alle unisono die am Freitag veröffentlichten Ergebnisse des europäischen Banken-Stresstests als Begründung heranzogen: Denn tatsächlich haben alle sieben geprüften Landesbanken den Test bestanden – auch wenn die Kernkapitalquote bei der NordLB bei einem Rückfall in die Rezession und einem neuen Verfall von Staatsanleihen auf nur knapp über die geforderten 6 Prozent fallen würde. Diese Quote, die anzeigt, ein wie hoher Anteil der ausgegebenen Kredite durch eigenes Geld gedeckt ist, war jedoch im Schnitt bei den Landesbanken sowohl vor als auch nach den Simulationen höher als im Durchschnitt aller geprüften deutschen Institute. Sie haben also einen höheren Risikopuffer.

Davon abgesehen gibt es gute Gründe, sich Gedanken über das System zu machen. Die Kreditinstitute, deren Eigentümer meist die jeweiligen Länder und die regionalen Sparkassen sind, fielen 2009 zum Teil tief. Und das nicht nur wegen Fehlspekulationen, sondern auch durch Geschäfte, die nur durch politische Verfilzungen erklärbar sind – wie bei der BayernLB, der WestLB oder der HSH Nordbank. Ausnahme ist die Landesbank Berlin, die nach einer Schrumpfkur inzwischen auch zu fast 100 Prozent den Sparkassen gehört. Sie verfünffachte ihren Gewinn 2009 auf 272 Millionen Euro.

Von den bundesweit 60.000 Arbeitsplätzen in den verbliebenen neun Landesbanken sind mindestens ein Viertel akut in Gefahr. Nur die Helaba in Hessen und die niedersächsische NordLB kamen ohne Staatshilfen aus. Die Milliarden, mit denen die Regierungen in Düsseldorf, München, Stuttgart, Kiel und Hamburg ihre Banken zuletzt gerettet haben, werden ihnen noch jahrelang fehlen. Staatsanwälte ermitteln gegen Vorstände, parlamentarische Untersuchungsausschüsse wurden einberufen.

In der Vergangenheit hatten Regierungspolitiker von Union, FDP und SPD als faktische Besitzer kräftig mitgezockt. Aus kleinen Regionalbanken sollten internationale Spieler werden. Sie ersehnten steigende Renditen wie bei der Deutschen Bank, saftige Ausschüttungen für den Landeshaushalt und die Finanzierung von dubiosen Prestigeprojekten.

Provinzielle Beamtenbanken planten Börsengänge, gründeten kostspielige Niederlassungen in New York oder Peking, kreditierten ganze Flugzeugflotten und investierten über Irland in US-Schrottimmobilien. Die Nabelschnur zu den erfolgreichen Sparkassen wurde gekappt. Ein zentraler Fehler, mahnt Ver.di-Experte Jörg Reinbrecht: „Sparkassen zeigten in der Krise, dass solide und erfolgreiche Geschäftsmodelle gerade im öffentlich-rechtlichen Bankensektor zu finden sind.“

Doch nicht allein die Gier einiger Politiker führte zum Desaster. Auf Drängen der Deutschen Bank hat die EU seit 2005 die verlässliche „Gewährträgerhaftung“ durch den Staat untersagt. Weil sie nun selbst ihre Kreditfähigkeit beweisen mussten, wurde das Geld für die Landesbanken entscheidend teurer. Für Harald Noack sind Landesbanken trotzdem „strategisch notwendig“, um genügend Wettbewerb zu sichern. In einer Studie für die Friedrich-Ebert-Stiftung schreibt er, sie finanzieren jeden vierten Unternehmenskredit in Deutschland – zusammen über 200 Milliarden Euro – und verleihen damit weit mehr an die Wirtschaft als Großbanken.

Ver.di möchte noch mehr: Landesbanken sollen wieder Förderbanken der Länder werden. Solche Geschäftsmodelle funktionieren bereits. „Die Bremer Landesbank betreibt eine Sozial- und Strukturpolitik, ohne dass der Staat dafür etwas bezahlen muss“, lobte der kürzlich verstorbene Klaus Busch, langjähriger Landesbanken-Aufsichtsrat für Ver.di. So werden in Ostfriesland alternative Wind- und Bioenergien gefördert und Sozialimmobilien finanziert. Obgleich in strukturschwachen Gebieten angesiedelt, rechnen sich solche Projekte für die Menschen und sogar für die Bank.

HERMANNUS PFEIFFER

Meinung + Diskussion Seite 12

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