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Arbeitsagentur bedient nur gläserne Kunden

Für Mietzuschüsse und bestimmte Weiterbildungen müssen Hartz-Empfänger in Gelsenkirchen persönliche Daten offenlegen. Datenschützer kritisieren dies als „rechtswidrig“. Erwerbslosenforum fürchtet wachsende Sozialschnüffelei

GELSENKIRCHEN taz ■ Datenschützer und Arbeitsloseninitiativen kritisieren die Gelsenkirchener Arbeitsagentur (ARGE). „Die Arbeitsagentur pfeift auf den Datenschutz ihrer Kunden“, sagt Friedhelm Mathiebe vom örtlichen „Sozialbündnis jetzt contra“. Betroffen seien Mieter und ältere Arbeitslose.

Zum einen geht es um die Mietbescheinigung, die Arbeitslose der ARGE vorlegen müssen. Dafür muss der Vermieter ein Formblatt unterzeichnen, aus dem hervor geht, dass der Antragsteller arbeitslos ist und Leistungen zum Lebensunterhalt erhält. „Das ist rechtswidrig“, sagt Nils Schröder vom Büro der Landesdatenschutzbeauftragten NRW. Die Mietbescheinigung müsse in jedem Fall neutral gehalten sein. Es reiche zudem völlig aus, wenn die Mietkosten etwa aus dem Mietvertrag hervorgingen. Leider könne man die ARGE nur formell darauf hinweisen und den Fall in den Datenschutzbericht aufnehmen.

„Die Mietbescheinigung ist nicht nur unnötige Bürokratie, sondern auch diskriminierend“, kritisiert Mathiebe vom Sozialbündnis. „Der Vermieter kann das ausnutzen und andere Mieter bevorzugen.“ Laut Erwerbslosenforum in Bonn wird die Bescheinigung auch von anderen ARGEN verlangt, allerdings in neutraler Form. Die ARGE Gelsenkirchen zeigte sich erstaunt. „Eigentlich haben wir die Formulare im vergangenen Jahr schon umgestellt“, sagte Bereichsleiter Andreas Bohnau. Womöglich seien alte Formblätter verschickt worden. Die Mitarbeiter würden in jedem Falle darauf hingewiesen. Das hat auch das Sozialbündnis bereits getan, „allerdings ohne Erfolg“, so Mathiebe.

Auf Kritik stößt auch das vom Bundesarbeitsministerium ausgezeichnete Projekt „Best Ager“ der ARGE und einigen örtlichen Trägern. Das im Dezember 2005 gestartete Projekt soll rund 1.500 ältere Arbeitslose wieder in den Beruf oder in berufsbildende Maßnahmen bringen. Zuvor müssen die Teilnehmer eine Erklärung unterzeichnen. „Sie stimmen zu, dass sensible Sozialdaten an die Arbeitgeber weiter gegeben werden dürfen“, kritisiert Joachim Sombetzki von der Hartz-IV-Selbsthilfegruppe. Über Schulden, Vorstrafen oder Schwangerschaften müssten die Teilnehmer lückenlos Auskunft geben – sonst würden sie vom Projekt ausgeschlossen. „Dabei sind solche Informationen für die Arbeitsplatzfindung gar nicht dienlich“, so Sombetzki. In der Regel handle es sich um Zusatzjobs, etwa als Haushaltshilfe. Zudem sei für die Kunden nicht ersichtlich, wer für ihren Datenschutz garantiere. „Die Verfasser des Formulars hatten keine Ahnung“, sagt Sombetzki.

„Wir führen nur ein Profiling unserer Kunden durch“, sagt dagegen Frank Schmelting, Projektleiter der so genannten Jobclubs in Gelsenkirchen, die die Teilnehmer vermitteln. Natürlich könnten sie die Weitergabe bestimmter Daten verweigern. Die Landesdatenschützer haben den Fall noch nicht abschließend bearbeitet. Allerdings hätten die Teilnehmer grundsätzlich ein Recht zu erfahren, was mit den Daten geschehe, so Schröder.

Das Erwerbslosenforum fürchtet, dass die Persönlichkeitsrechte von Arbeitslosen ab 1. August weiter eingeschränkt werden. Dann sind die so genannten Sozialdetektive für die ARGEN im Einsatz. Sie dürfen „Hausbesuche“ bei Hartz-Empfängern machen und sogar Nachbarn befragen.

GESA SCHÖLGENS

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