Israel erklärt Opfer zu Tätern: KOMMENTAR VON ANDREAS ZUMACH
Die israelische Regierung wertet das Ergebnis der Libanonkonferenz in Rom als ausdrückliche „Genehmigung“ der internationalen Gemeinschaft, den Krieg fortzusetzen. Denn die 17 Konferenzteilnehmer, so Justizminister Haim Ramon, hätten sich nicht auf eine sofortige Waffenruhe verständigt. Also sei sie nicht erwünscht – bedauerlicherweise liegt diese Interpretation nahe.
Verhindert wurde eine entsprechende Einigung in Rom in erster Linie von US-Außenministerin Rice, unterstützt von ihren beiden Amtskollegen aus Berlin und London. Offiziell hat Bundesaußenminister Steinmeier zwar mitgeteilt, dass er die Schlussfolgerung der israelischen Regierung aus dem Konferenzergebnis nicht teilt. Politisch mitverantwortlich ist er aber für die Schlussfolgerung und ihre praktischen Konsequenzen in jedem Fall.
Hoch interessant wäre allerdings zu erfahren, was die Bundesregierung von der Äußerung des israelischen Justizministers hält, jeder Mensch, der jetzt den Südlibanon nicht verlasse, sei ein Terrorist. Diese Erklärung bedeutet, dass die israelische Regierung künftig gegen die gesamte Bevölkerung im Südlibanon die Methoden anzuwenden droht, die sie bei der Bekämpfung des Terrorismus für angemessen hält.
Zunächst einmal ist diese Äußerung ein verkapptes Eingeständnis, dass der bisherige Krieg Israels gegen die Hisbollah-Milizen weitgehend erfolglos war. Darüber hinaus stellt sich die israelische Regierung mit dieser Erklärung außerhalb des Völkerrechts. Sie hat dafür ein Vorbild: Die Bush-Administration, die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ihre Gefangenen im „Krieg gegen den Terrorismus“ zu „illegalen Kämpfern“ erklärte und ihnen alle Rechte aus den Genfer Konventionen und anderen Bestimmungen des Völkerrechts verweigerte.
Nach über vier Jahren hat kürzlich der Oberste Gerichtshof der USA erklärt, dass diese Rechtsinterpretation weder mit dem Völkerrecht noch mit der US-Verfassung vereinbar ist. Es ist zu hoffen, dass das höchste israelische Gericht schnell eine Gelegenheit findet, um seine Regierung und insbesondere Justizminister Ramon durch ein ähnlich klares Urteil wieder auf den Weg des Völkerrechts zu weisen.
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