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kommentarPiraten der Ostsee

In der Bucht vor Danzig haben polnische Ölbohrer das Wrack des verschollenen deutschen Flugzeugträgers „Graf Zeppelin“ entdeckt – sehr zur Freude von Modellbauern und Hobbytauchern

Am vergangenen Donnerstag hat die polnische Marine bestätigen können, was der Ölkonzern Petrobaltic bereits am 25. Juli gemeldet hat. 60 Kilometer nördlich von Danzig ruht in etwa 85 Meter Tiefe das Wrack des einzigen Flugzeugträgers, den die deutsche Marine jemals aufgelegt hat, die „Graf Zeppelin“. Zwar konnten Tauchroboter noch nirgends einen Namen entdecken. Aber der Fund gilt dennoch als gesichert, einfach weil es in der relativ flachen Ostsee kein zweites bisher unentdecktes Wrack von 260 Meter Länge geben dürfte.

Die Tochter des Grafen hatte das Schiff getauft und Hermann Göring die entsprechende Rede gehalten, als das noch nicht ganz fertig gestellte Monstrum am 8. Dezember 1938 in Kiel vom Stapel lief. Bei Kriegsausbruch wurde der weitere Ausbau zugunsten der U-Boot-Flotte auf Eis gelegt und die „Graf Zeppelin“ in einem Seitenarm der Oder „geparkt“ und – beim Anrücken der Roten Armee – von den Deutschen versenkt, ohne jemals zum Einsatz gekommen zu sein. Fest steht, dass die Russen den Kahn wieder flottmachten und, um in Ruhe die Konstruktion zu studieren, abschleppten, bevor sie ihn wahrscheinlich im Rahmen einer Torpedo-Übung endgültig zum Grund schickten. 1947 wurde das Schiff zuletzt gesehen und galt seitdem als verschollen, was die derzeitige Aufregung erklärt. Tatsächlich aber ist der deutsche Flugzeugträger schlichtweg vergessen worden. Bis auf „historisch interessierte“ Modellbauer und Hobbytaucher auf der Suche nach neuen Thrills dürfte auch niemand ein Interesse an einem weiteren traurig-verrosteten Zeugnis deutscher Großmachtsfantasien gehabt haben. Daran ändert nun auch der Fund nur wenig.

Nach internationalem Seerecht müsste die „Graf Zeppelin“ in den Besitz der Bundesrepublik Deutschland übergehen – die dann eine weitere sperrige Altlast im Osten am Hals hätte. FRA

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