: Die Deutsche Bahn und Audi – die tun ja was für Klimaschutz
ÖKOSTROM Autobauer lässt seine Produkte CO2-frei transportieren. Ökologischer Nutzen fraglich
BERLIN taz | Erst Ökotickets im Personenverkehr, jetzt hat die Deutsche Bahn mit Audi ihren ersten Kunden für „CO2-freien Schienengüterverkehr“ gefunden. Den Start des „Eco plus“-Geschäfts verkündeten beide Partner am Donnerstag in Berlin. Pro Jahr sollen 625 von Ökostrom angetriebene Züge 150.000 Autos vom Audi-Werk in Ingolstadt zum Seehafen nach Emden transportieren – ein Viertel der Audi-Jahresproduktion.
„Der Transport kostet uns etwas mehr, aber das ist es uns wert“, erklärt Audi-Logistik-Chef Ernst-Hermann Krog. Karl-Friedrich Rausch, Pendant bei der Bahn, sagt: „Dieses Projekt nutzt nicht nur uns beiden, sondern vor allem der Umwelt.“ Nach Bahnangaben werden 5.250 Tonnen Kohlendioxid jährlich im Vergleich zum normalen Bahntransport eingespart.
Die wirkliche Einsparung für die Umwelt wird tatsächlich aber ziemlich genau null Tonnen Kohlendioxid betragen – zumindest am Anfang des Projekts. Denn der eingesetzte Strom kommt vollständig aus teilweise mehr als hundert Jahre alten Wasserkraftwerken, wie ein Sprecher der Bahn gegenüber der taz einräumte. Die Bahn kauft sich diesen als Ökostrom hinzu. Bisher floss dieser Wasserkraftwerksstrom ins normale Stromnetz – was den deutschen Durchschnitts-Strommix etwas grüner machte. Nun macht dieser Strom den Deutsche-Bahn-Mix grüner – den restlichen in selbem Maße schlechter. Seriöse Ökostromanbieter produzieren dagegen mindestens ein Drittel ihrer Energie in Anlagen, die nicht älter als sechs Jahre sind – Hauptkriterium des Ökostromlabels „OK-Power“.
Einen kleinen grünen Effekt hat das Joint-Venture von Bahn und Audi aber doch. Zehn Prozent der Mehreinnahmen will die Bahn in den Ausbau der Erneuerbaren investieren. Wie hoch diese Mehreinnahmen sein werden, wollte Rausch nicht sagen – er verwies auf das konzerneigene Angebot im Personenverkehr. Dort verlangt die Bahn etwa 0,7 Prozent mehr für „Eco plus“-Tickets. Zehn Prozent davon sind 0,07 Prozent, die die Bahn also investieren will.
Wie viel Euro das sind, ergibt folgende Rechnung: Einem Bahn-Sprecher zufolge werden jährlich 10 Millionen Kilowattstunden Strom verbraucht – in Großhandelspreisen rund 500.000 Euro. Da die Strompreise etwa 10 Prozent des Umsatzes ausmachen, dürfte das Geschäft 5 Millionen wert sein. Pro Jahr wird die Bahn also rund 3.500 Euro in den Ausbau der Erneuerbaren investieren – genug, um in hundert Jahren ein Windrad zu bauen. JÖRG ZEIPELT
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen