: Street View, das Spiel
BESCHREIBUNG Deutschland ist öde – Reihenhaus reiht sich an Reihenhaus. Trotzdem erbarmt sich ein kleines Google-Auto namens „Mobi“ und möchte die ästhetische Wüste Teutoniens der Welt nahebringen – indem es sie fotografiert. Trotz flammender Widersprüche und wütender Pixel-Politiker. Helfen Sie ihm dabei
Start! Die Straße ist frei, also vorwärts. Weil der Widerstand gegen Google Street View in Deutschland besonders groß ist, darf „Mobi“ immer nur ein Feld vorwärtssetzen – wenn Sie höher als Drei würfeln. Die Richtung ist egal, hier sieht sowieso alles gleich aus.
Fröhlich quietschend biegt „Mobi“ um die Ecke und trifft auf …Thomas Oppermann von der SPD. Der früher so überwachungsfreudige Innenpolitiker – plötzlich zum Datenschützer mutiert – versucht schnell sein Haus zu verpixeln. Weil er die Hütten in seiner Straße aber nicht voneinander unterscheiden kann, hat er sie einfach alle ausgelöscht. Kein Verlust an Schönheit, aber an Zeit, die unser kleines Auto hier unnütz vergeudet hat. Einmal aussetzen.
Gott, sieht dieses Land langweilig aus. Hmmm, und hier ist es so schön dunkel. So ein kleines Nickerchen auf gerader Strecke hat noch keinem geschadet … Rums! Das war die Tunnelwand. Würfeln Sie. Bei einer Sechs kommt ein wohlgesinnter Pannenhelfer von ADAC, und Sie dürfen weiterziehen, sonst erscheint ein Mann namens Peter Schaar aus dem Nichts und erzählt Ihnen was von einer Telefonhotline und verlängerter Widerspruchsfrist … Sie müssen so lange aussetzen, bis Sie zwei Sechsen nacheinander würfeln.
Diese Kästen waren gnädigerweise von den Eigentümern verpixelt worden, doch „Deutschlands größter Street-View-Fan“ (Spiegel Online), der Fotograf Jens Best, hat sie trotzdem fotografiert und ins Netz gestellt. Gruuuselll! Aber die Arbeit ist getan, zwei Felder vorrücken. Fotos: imago
Puh, nur noch dieses eine traurige Bild. Wer will das eigentlich sehen? Na ja, das machen Sie jetzt noch schnell, dann ab nach Hause … da wird die Tür des Vorgartens aufgerissen, und eine Horde Ü70er rennt mit Spitzhacken auf Sie zu. Einer schwenkt ein Transparent „Steyregg ist auch in Deutschland“. Werfen Sie dem Anführer den Würfel an den Kopf, nutzen Sie die Schrecksekunde zur Flucht! Ohne nach links und rechts zu gucken, braust „Mobi“ hinfort. Und hält erst am Startpunkt wieder an. Die monotone Tour beginnt von vorn. Vielleicht haben Sie beim nächsten Mal ja mehr Glück.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen