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Hans-Peter Friedrich ist doch kein Terminator

CSU „Ich komme wieder.“ Echt? Was Ermittlungen der Staatsanwälte für den Exminister bedeuten

Die Entscheidung der Ermittler dürfte auch die Wut der Union auf die SPD abkühlen

BERLIN taz | Als Hans-Peter Friedrich vor eineinhalb Wochen seinen Rücktritt bekannt gab, outete er sich nebenbei als Fan von Arnold Schwarzenegger. „Ich komme wieder“, verabschiedete sich der CSU-Mann – ein legendäres Zitat von Schwarzenegger, der als Terminator mit einem baldigen Comeback drohte. Nur: Anders als die Killermaschine aus der Zukunft könnte Friedrich ein solches verwehrt bleiben.

Die Berliner Staatsanwaltschaft teilte am Mittwoch mit, Ermittlungen gegen den geschassten Landwirtschaftsminister aufzunehmen. Die Behörde will Friedrich nachweisen, dass er ein Dienstgeheimnis verriet, als er im Oktober 2013 SPD-Chef Sigmar Gabriel vertraulich über den Fall Edathy informierte. „Wir haben das Verfahren eingeleitet“, bestätigte Behördensprecher Martin Steltner am Mittwoch.

Die Staatsanwälte hatten ihr Vorhaben 48 Stunden vorher bei Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) angezeigt. Nach Ablauf dieser Frist hat sie nach den Regeln des Parlaments freie Bahn. Friedrich hat nun seine Immunität verloren, die Parlamentarier vor Strafverfolgung schützt. Er hatte nach dem Rücktritt sein Mandat als Bundestagsabgeordneter behalten, die Unions-Abgeordneten wählten ihn jüngst zum Fraktionsvize.

Merkel hatte recht

Für Friedrich ist die Aufnahme der Ermittlungen ein Schlag. Er genießt in der Union trotz seiner Indiskretion ein hohes Ansehen. Viele bei CDU und CSU finden, Friedrich habe sich in der Sache nichts vorzuwerfen. „Die Stimmung ist: Da musste ein anständiger Mann von uns wegen einer schmutzigen SPD-Geschichte gehen“, fasst es ein Unions-Abgeordneter zusammen.

Dass nun Staatsanwälte offiziell Material gegen Friedrich sammeln, verändert die Lage. Die Entscheidung, Friedrich das Trostpflaster des Fraktionsvizes zu gewähren, könnte sich nun als Fehler erweisen. Einer der elf Stellvertreterjobs war nach dem Rücktritt vakant, weil Thomas Silberhorn (CSU) als Entwicklungsstaatssekretär ins Ministerium wechselte. Er verantwortete als Fraktionsvize den Bereich Inneres. Weil Friedrich auf diesem Gebiet schlicht undenkbar gewesen wäre, geriet die Fraktionsführung kurz in Kalamitäten. Sie übertrug dem neuen Vize Friedrich nach einigem Hin und Her die Zuständigkeit für Europa – während Baden-Württembergs CDU-Landeschef Thomas Strobl das Innere übernahm.

Die Entscheidung der Staatsanwälte dürfte auch die Wut der Union auf die Sozialdemokraten abkühlen. Denn die Geschichte, dass da ein Unschuldiger zu Unrecht vom Hof gejagt wurde, fällt spätestens dann in sich zusammen, wenn Friedrich sich strafbar gemacht hat. Viele werden sich jetzt an den Freitag erinnern, an dem Friedrich zurücktrat. An diesem Tag schien er sein Amt gerettet zu haben – zumindest ein paar Stunden lang.

Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer hatten am Morgen mit Friedrich über seine Indiskretion im Fall Edathy gesprochen, sie einigten sich auf eine Sprachregelung: Friedrich, verkündete eine Mitteilung am Mittag, bleibe im Amt. Er stelle es nur zur Verfügung, falls die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufnehme. Im Laufe des Tages korrigierte Merkel aber ihre Einschätzung. Sie teilte Friedrich mit, die Version sei nicht länger haltbar. Am Nachmittag erklärte er seine Demission.

Im Nachhinein hat sich Merkels Korrektur als richtig erwiesen. Friedrich wäre spätestens nach der gestrigen Ansage der Staatsanwälte als Bundesminister sowieso nicht mehr zu halten gewesen. ULRICH SCHULTE

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