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Kämpfe in Kinshasa sind Feuerprobe für die Bundeswehr

Mit den Schießereien in Kongos Hauptstadt ist auch die EU-Mission Eufor zu ihrem ersten Einsatz ausgerückt. Deutsche Verstärkung eingetroffen

BERLIN taz ■ Für die EU-Truppe in der Demokratischen Republik Kongo (Eufor) sind die Kämpfe in Kinshasa die erste große Herausforderung. 130 spanische Soldaten, die als „schnelle Eingreiftruppe“ der Eufor in Kinshasa stationiert sind, nahmen am Montagabend an der Evakuierung von Diplomaten aus der umkämpften Residenz des Oppositionsführers Jean-Pierre Bemba teil. Bis gestern Nachmittag sollten bis zu 260 EU-Soldaten aus Gabun, wo ein Teil der Eufor in Reserve steht, in Kinshasa als Verstärkung eintreffen.

„Die UN-Mission (Monuc) hat um die Hilfe der Eufor gebeten, um die Botschafter aus der Residenz Bembas herauszuholen“, erklärte Eufor-Sprecher Thierry Fusalba die Aktion vom späten Montagabend. In zwölf leicht gepanzerten Fahrzeugen hätten die spanischen EU-Truppen das Gelände abgesichert, während uruguayische Blauhelmsoldaten die Diplomaten in Sicherheit brachten. Die EU-Soldaten blieben bis zu ihrer Ablösung durch UN-Einheiten gestern Vormittag bei Bembas Residenz stationiert. Von der Waffe machten sie trotz weiterer Kämpfe keinen Gebrauch, so der Sprecher.

Noch in der Nacht trafen 60 weitere Spezialkräfte – Franzosen, Schweden und Portugiesen – mit zwei Kampfhubschraubern und einem Transporthubschrauber aus Gabuns Hauptstadt Libreville in Kinshasa ein – „zu Aufklärungs- und Evakuierungszwecken“, so Fusalba. Gestern Mittag flog außerdem ein in Libreville stationiertes deutsch-niederländisches Bataillon mit 160 bis 200 Soldaten in die kongolesische Hauptstadt. Nach Angaben von Peter Fuss, Sprecher des Bundeswehrkontingents bei der Eufor in Kinshasa, waren darunter 130 Deutsche. Sie sollten am Nachmittag vom internationalen Flughafen Ndjili stadteinwärts zur EU-Basis auf Kinshasas zweitem Flughafen Ndolo fahren, um „Präsenz zu zeigen“ – eine riskante Fahrt, die durch Kinshasas aufsässigste Armenviertel führt. Der französische Eufor-Sprecher Fusalba dementierte und sagte, die Verstärkungseinheiten würden am Flughafen von Ndjili bleiben.

Ob deutsche Soldaten am Einsatz in Kinshasa beteiligt waren oder nicht, ist eine Definitionsfrage. An den militärischen Aktionen selbst nahmen keine Bundeswehrsoldaten teil. Doch die deutschen Aufklärungseinheiten, die Informationen über die Lage für die Eufor-Einsatzzentrale in Potsdam sammeln, waren sehr wohl präsent – und zwar nicht nur bei der Evakuierung der Diplomaten am Montagabend, sondern auch bereits beim Ausbruch der ersten Kämpfe zwischen Kabila- und Bemba-Soldaten am Sonntagabend. Jedenfalls sahen Augenzeugen bereits zu diesem Zeitpunkt Bundeswehrfahrzeuge in der Nähe des Kampfgebiets.

Mit der Verstärkung aus Gabun wird die Eufor in Kinshasa eine Truppenstärke von nahezu 1.400 Mann erreichen. Insgesamt hat die Mission rund 2.000 Soldaten. DOMINIC JOHNSON

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