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Lübecker Kripo kaufte Zeugen

Im Prozess um den Raubüberfall auf einen Plaza Markt in Lübeck-Buntekuh vor fast 18 Jahren ist der Angeklagte Johannes Mohns freigesprochen worden. Der Fall bleibt also ungeklärt, bringt aber skandalöse Methoden der Lübecker Polizei ans Licht

Von Kai von Appen

Nach fast 17 Jahren im Gefängnis ist Johannes Mohns ein freier Mann. Der 53-jährige, der wegen eines Raubmordes in Lübeck im Dezember 1988 angeklagt war, kam diese Woche überraschend aus der Haft frei. Das Landgericht Lübeck hat ihn freigesprochen – wenn auch „zähneknirschend“, wie der Vorsitzende Richter sagte, aus Mangel an Beweisen. Der Grund: Der Anklage ist der Kronzeuge weggebrochen. Ein Polizist hatte eingeräumt, dass jener inzwischen Verstorbene den Angeklagten Mohns nicht belastet hätte, wenn er dafür kein Geld erhalten hätte.

Für die Prozessbeteiligten ist der Fall damit noch nicht erledigt. Staatsanwältin Ulla Hingst spricht moderat von „vielfältigen Fehlern und Versäumnissen in der Polizeiarbeit“, die dazu geführt hätten, dass „auch die Staatsanwaltschaft hinters Licht geführt wurde“. Noch im Gerichtssaal hat sie verkündet, auf „Rechtsmittel zu verzichten“ – der Freispruch ist somit rechtskräftig.

Mohns’ Hamburger Verteidiger Uwe Maeffert und Johannes Santen sind zufrieden: „Die Kammer, die Mohns eigentlich verurteilen wollte, hat – schweren Herzens, aber dann sauber und konsequent – ein Verwertungsverbot für alle unkorrekten Rosenthal-Protokolle verfügt“, sagt Santen.

Das Verfahren gegen Johannes Mohns war von Anfang an kein klassischer „Cold Case“ – also ein lang zurückliegendes Verbrechen, das aufgrund neuer Indizien in einem ganz anderen Licht erscheint. Seit 1988 saß Mohns wegen eines Raubüberfalls in Haft. Ihm gelang eine spektakuläre Flucht. In der Zeit, als er auf freiem Fuß war, geschah der Raubüberfall auf den Plaza-Markt. Die Täter erschossen den 49-jährigen Peter Komenda, einen Einkäufer, der sich ihnen in den Weg gestellt hatte. Ein Jahr später, als er schon wieder im Gefängnis saß, geriet Mohns unter Verdacht. Phantombilder der Täter wiesen Ähnlichkeiten mit ihm auf. Doch bei Gegenüberstellungen identifizierte keiner der Tatzeugen Mohns. Das Verfahren wurde 1989 eingestellt.

Vor zwei Jahren nahm die Polizei die Spur wieder auf: Sie präsentierte mit dem Straftäter Günther Rosenthal einen Kronzeugen, der vom Hörensagen aus Knast-Gesprächen erfahren haben wollte, wer an dem Plaza-Coup beteiligt war. Gegen Geld wollte er Angaben machen. Aber auch nachdem ihm die Polizisten Geld versprochen hatten, dauerte es in den Vernehmungen noch einige Zeit, bis Rosenthal überhaupt den Namen Mohns nannte. Bis zu diesem Zeitpunkt versah die Polizei die unergiebigen Protokolle mit dem Stempel „Nicht für die Ermittlungsakte“ – und bunkerte sie in ihren Aktenschränken. Erst als er eines Tages schließlich den Namens Mohns fallen ließ, landete der Kronzeuge vor dem Ermittlungsrichter. Der aber vergaß, Mohns oder einen seiner Verteidiger zu dieser Vernehmung hinzuziehen – ein Kardinalfehler, der erfahrenen Juristen eigentlich nicht unterlaufen dürfte und einen groben Verstoß gegen die Rechte des Angeklagten darstellt.

Der Verstoß wäre vielleicht im Prozess noch reparabel gewesen – wäre Rosenthal nicht vor Wochen bei einem mysteriösen Fahrradunfall ums Leben gekommen. Als Zeuge steht er somit nicht mehr zur Verfügung.

Nun stellte sich heraus, dass Rosenthal nicht nur Zuwendungen für seine belastenden Angaben bekommen hat, sondern von der Lübecker Polizei ohne rechtliche Grundlage intensiv betreut wurde, um ihn so bei der Stange zu halten. Einer der am Verfahren beteiligten Polizisten soll den Alkoholiker allwöchentlich besucht haben. Dies konnte zu guter Letzt selbst das Gericht nicht mehr ignorieren und erklärte seine Aussagen für „nicht verwertbar“ – was die Lübecker Staatsanwältinnen bereits vor Wochen festgestellt hatten. Ihre Behörde ermittelt inzwischen gegen die Beamten der Lübecker Mordkommission wegen Aktenmanipulation.

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