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Discomeile: Imads Wahrheit

Im Prozess um die Schießerei Anfang Januar widerspricht sich der Nebenkläger Imad M. in wichtigen Punkten selbst. Kratzer bekommt außerdem sein von sich gemaltes Bild, er sei nur Schlichter gewesen

von Eiken Bruhn

Erzählen, wie es wirklich war – das hatte sich Imad M. vorgenommen, als er gestern im Prozess gegen Gjete L. als Zeuge gehört wurde. Dem Albaner wird vorgeworfen, an einer Schießerei auf der Discomeile Anfang Januar beteiligt gewesen zu sein und die Tötung von Menschen in Kauf genommen zu haben. Mindestens fünf Verletzte hat es gegeben, darunter Gjete L. selbst sowie den 31-jährigen Libanesen Imad M., der auch als Nebenkläger in dem Prozess auftritt. Gestern wiederholte er seine Aussage, dass Gjete L. ihm in die Seite geschossen habe, eine zweite Kugel sei durch seinen Fuß gegangen. Der Schütze sei Sinan B., ein Kurde. Er selbst sei unbewaffnet gewesen, erzählt er, wollte nur schlichten zwischen Mitgliedern seiner eigenen Familie, deren Freunden und der Gruppe um Gjete L.

Der Streit habe damit begonnen, dass Gjete L. ein paar Tage zuvor damit gedroht habe, „die Araber“ umzubringen. „Das haben mir Freunde erzählt.“ Am Abend der Schießerei sei er telefonisch auf die Discomeile gerufen worden. Es gebe dort eine Schlägerei, er solle kommen, vermitteln. Doch die andere Seite habe sich nicht darauf eingelassen, stattdessen sei er beschossen worden. Gjete L. habe angefangen, da sei er sicher, sagt Imad M. Und: „Ich bin hier der Einzige, der die Wahrheit sagt.“

Doch die Nachfragen des Gerichts und der Verteidiger des Angeklagten zerstören das Bild, das Imad M. von sich malt. Mehrere Zeugen werden zitiert, nach deren Beobachtung Imad M. dazu aufgefordert habe, „Mann gegen Mann“ zu kämpfen. Außerdem behaupten sie, Imad M. mit einer Waffe gesehen zu haben. Das weist dieser weit von sich, weder er noch seine Brüder würden Waffen benutzen, die brauche er nicht. „Mit diesen Händen mache ich 20 von diesen Affen fertig“, ruft er in Richtung Gjete L., der offensichtlich wie Imad L. viel Zeit im Fitness-Studio verbringt, aber wesentlich schmächtiger ist.

Obwohl dieser Ausbruch seine Behauptung glaubwürdig macht, er sei unbewaffnet gewesen, kann er seine Brüder nicht von dem Verdacht reinwaschen. So muss sich der 19-Jährige Ali M. derzeit vor Gericht verantworten, auch er soll an dem Abend geschossen haben. Nach dem Vorfall wurde außerdem in der Wohnung eines weiteren Bruders – Imad M. hat acht Brüder und sieben Schwestern – eine Waffe gefunden, bei einem anderen Munition. Das sei „zum Schutz“ gewesen, sagt Imad M., die Familie sei bedroht worden.

In Bedrängnis kommt er, als er mit Aussagen konfrontiert wird, die er kurz nach den Ereignissen gemacht hatte. So steht im Polizei-Protokoll nichts davon, dass ihm, als er schon verletzt am Boden lag, eine Waffe zugeworfen wurde, wie er gestern berichtete – ohne allerdings damit herauszurücken, von wem die kam. „Ich habe der Polizei von der Pistole erzählt. Ich weiß nicht, warum die das nicht aufgeschrieben haben.“ Die gleiche Erklärung hat er parat, als ihm vorgehalten wird, er habe bei seiner ersten Vernehmung im Krankenhaus nicht Gjete L. als Schützen angegeben, sondern nur Sinan B. Dritte Ungereimtheit: Eine Polizistin behauptet, Imad M. hätte an dem Abend als Türsteher im Stubu gearbeitet. „Ich habe das noch nie gemacht“, versichert Imad M. und sagt, er sei an dem Abend beim Sport gewesen. Hat die Beamtin ihn möglicherweise verwechselt? Imad M. glaubt, dass die Polizei seine Familie automatisch für schuldig halte, wenn es irgendwo Ärger gibt.

Ob die Schießerei der geplante Gipfel einer Auseinandersetzung zwischen zwei „Türsteher-Banden“ war, die sich gegenseitig den Job wegnehmen wollen, konnte gestern nicht geklärt werden. Der vorsitzende Richter brachte eine Theorie ins Spiel, nach der es um eine „persönliche Feindschaft“ zwischen Imad M. und Sinan B. gehe. Imad M. räumte ein, dass sein ehemaliger Freund Sinan B. ihn seit einigen Jahren nicht mehr leiden könne. „Der hatte plötzlich etwas gegen alle Araber.“ Er selbst habe weder etwas gegen Sinan B. noch andere Kurden. „Es gibt nicht ‚die Kurden‘ und ‚die Araber‘“, sagt Imad M. „Leute, die sagen, das hat was mit der Nationalität zu tun oder mit Religion, machen Politik. Die hetzen damit auf.“

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