: Auf dem Bau wird ignoriert
KLIMA II Bei der energetischen Sanierung werden derzeit nicht einmal geltende Gesetze beachtet
Will Berlin tatsächlich klimaneutral werden, spielen die vielen Gebäude in der Stadt dabei eine zentrale Rolle: Neubauten und Sanierungen müssen den Energieverbrauch verringern, damit der CO2-Ausstoß sinkt. Doch dafür fehlen in Berlin bisher konkrete Programme. Und nicht nur das: Schon heute geltende Regeln werden bei Baumaßnahmen massenweise ignoriert. Das zeigen Recherchen des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Handwerkskammer Berlin (HWK).
Demnach konnten 2012 nur ein Viertel aller Neubauprojekte in Berlin den sogenannten EnEV-Nachweis vorlegen. EnEV steht für Energieeinsparverordnung. Sie legt mit Regeln etwa für Dämmung, Heizungen und Klimaanlagen fest, wie hoch der Energiebedarf eines Hauses maximal sein darf. Wer ein Haus baut oder saniert, muss per EnEV-Nachweis belegen, dass er diese Regeln einhält.
Doch in Berlin ist der Nachweis seit 2008 nicht mehr Bestandteil der Baugenehmigungsverfahren, für die die Bezirksämter zuständig sind. Stattdessen sollen Hausbauer dafür externe Sachverständige beauftragen. Doch eine Umfrage von BUND und HWK bei diesen Sachverständigen ergab: 2012 haben sie gerade einmal 160 Bauvorhaben geprüft. Die Bezirksämter stellten im gleichen Jahr aber zirka 600 Baugenehmigungen aus. Bei drei Viertel aller Neubauten fehlte der EnEV-Nachweis also. Deshalb fordern BUND und HWK, dass der Nachweis wieder Teil des Baugenehmigungsverfahrens und somit von den Bezirksämtern abgefragt wird.
Vier weitere klimapolitische Forderungen haben die Organisationen an den Senat gerichtet: Er soll die vielen Beratungsangebote zur energetischen Sanierung zu einer Informationsoffensive bündeln und im Bundesrat seinen Widerstand gegen die steuerliche Förderung energetischer Sanierungen aufgeben. Außerdem soll die Regierung ihr Energiewendegesetz deutlich und schnell konkretisieren, statt dies, wie bisher vorgesehen, auf die Ausarbeitung eines weiteren Konzepts zu verschieben. Außerdem brauche Berlin dringend Maßnahmen, um veraltete Heizungen zu sanieren. Rot-Schwarz könne etwa die Überprüfung des sogenannten hydraulischen Abgleichs von Heizungsanlagen durch Schornsteinfeger zur Pflicht machen. Dieser sorgt dafür, dass die Wärme auf alle Heizkörper gleich verteilt wird, was bis zu 13 Prozent Energie einsparen könnte. Trotzdem sind in Berlin nur 11,4 Prozent aller Heizungen hydraulisch abgeglichen – der schlechteste Wert unter allen Bundesländern. SEPU
Die Studie im Netz: bit.ly/1eKeQQ7
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