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Der Papst empört Muslime

Islamischkritische Äußerungen von Benedikt XVI. führen in der muslimischen Welt zu Szenen wie beim „Karikaturenstreit“

„Der Papst hat die Gefühle der muslimischen Welt verletzt“, erklären pakistanische Abgeordnete

AUS ISTANBUL DILEK ZAPTCIOGLU

Nach der islamkritischen Rede von Papst Benedikt XVI. kam es gestern zu teilweise gewalttätigen Reaktionen in der gesamten islamischen Welt. Szenen wie nach dem „Karikaturenstreit“ von vor sieben Monaten drohten sich gestern im Gaza-Streifen zu wiederholen. Palästinenser verübten einen Sprengstoffanschlag auf eine katholische Kirche. Die selbst gebaute Bombe hat laut Polizei nur Sachschaden angerichtet. Die Organisation der Islamischen Konferenz (OIC), der 57 Staaten mit islamischer Bevölkerung angehören, sprach gestern bei einer Konferenz im saudi-arabischen Dschidda von einer „Verleumdungskampagne“ des Papstes gegen den Propheten Mohammed.

Der Papst hatte bei einem Vortrag in Regensburg am Dienstagabend unter anderem die Äußerung eines byzantinischen Kaisers zitiert, Mohammed habe „nur Schlechtes und Inhumanes“ in die Welt gebracht. Zugleich betonte der Vatikan angesichts der Proteste aus der islamischen Welt, der Papst habe die religiösen Gefühle der Muslime nicht verletzen wollen.

Das Parlament in Pakistan forderte den Papst einstimmig dazu auf, seine Bemerkungen zurückzunehmen. Dieselbe Forderung hatte am Donnerstag der Präsident der türkischen Religionsbehörde, Ali Bardakoglu, aufgestellt. In der Türkei werden Rufe nach einer Absage des für Ende November geplanten Besuches von Benedikt XVI. laut. Ein Vertreter des Außenministeriums schloss jedoch eine Absage des Besuches aus, der Papst werde allerdings mit Sicherheit „kühl“ empfangen.

Ob Indien, Afghanistan, Iran, Irak, Libanon, Syrien, Österreich oder Großbritannien – muslimische Würdenträger und Organisationen üben sehr harsche Kritik an den Papst-Äußerungen. „Mit seinen verächtlichen Worten über den Islam hat der Papst die Gefühle der muslimischen Welt verletzt“, heißt es in der Resolution der pakistanischen Abgeordneten. Der palästinensische Regierungschef Ismael Hanijeh fordert den Papst auf, seine Angriffe gegen die Religion von mehr als 1,5 Milliarden Menschen weltweit einzustellen. Die Äußerungen seien unwahr und rührten „an den Kern unseres Glaubens“, sagte er in Gaza. Die ägyptischen Moslembrüder reihten sich schon früh ein: Ihr geistiges Oberhaupt Mohammed Mehdi Akef forderte den Papst ebenfalls zu einer Entschuldigung auf.

In der Türkei, die sich gern als eine Brücke zwischen Ost und West versteht, hatte der „Krieg der Zivilisationen“ bis heute kaum ein Echo gefunden. Gestern verglich der Fraktionsvize der regierenden AKP, Salih Kapusuz, den Papst mit Hitler und Mussolini und sagte wörtlich: „Der Papst geht an der Seite dieser Führer in die Geschichte ein.“ Der Reformtheologe Yasar Nuri Öztürk sagte, der Papst hätte „Schaum vorm Mund“ und sei rachsüchtig. Der Chefredakteur der Deutschland-Ausgabe des Massenblattes Hürriyet, Kerem Caliskan, sagte dagegen der taz, dass der Konflikt „künstlich geschürt“ würde und warnte vor Scharfmachern. „Die Türken haben sich aus dem Karikaturenstreit herausgehalten und sind insgesamt prowestlich eingestellt“, sagte Caliskan.

Kardinal Ratzinger hat die Türken aber schon vor seiner Wahl zum Papst mit seiner Ablehnung der türkischen EU-Mitgliedschaft verärgert. Dann ließ er sich von dem griechisch-orthodoxen Patriarchen Bartholomäus in die Türkei einladen. Diese für Ende November geplante Reise sorgt schon seit Monaten für böses Blut, vor allem unter Nationalisten. Ankara fand zum Schluss die Formel, den Papst als vatikanischen Staatschef durch den säkularen Präsidenten Ahmet Sezer einladen zu lassen. Die Islamkritik des Papstes kommt vor allem den Nationalisten sehr gelegen, die hinter dem „interreligiösen Dialog“ nur den Versuch einer feindlichen Übernahme durch den christlichen Westen sehen. Die Wogen versuchte gestern der Botschafter des Vatikans in Istanbul, Georges Marovitch, zu glätten. Er wies auf die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils aus dem Jahre 1965 hin. Damit hatte sich die Katholische Kirche zu dem „gemeinsamen Erbe“ der Weltreligionen bekannt und sich nicht nur mit den Juden versöhnt, sondern auch mit dem Islam.

In Deutschland wiesen CSU-Bundestagsabgeordnete die Kritik als ungerechtfertigt zurück. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte: „Wer den Papst kritisiert, verkennt die Intention seiner Rede.“ Der Papst habe sich klar für den Dialog der Religionen eingesetzt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, nannte die päpstlichen Äußerungen „merkwürdig einseitig und geschichtsblind“. Der Deutschland-Vertreter der türkischen Religionsbehörde in Köln, Ridvan Cakir, warnte vor Überreaktionen.

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