Ein „besonders verwerflicher“ Betrug

Bereicherung an HIV-Rezepten: Staatsanwaltschaft fordert 15 Monate Freiheitsstrafe für den angeklagten Apotheker

Im Berufungsverfahren vor dem Bremer Landgericht um den so genannten „Apotheker-Skandal“ hat die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung gefordert. Zusätzlich soll der Angeklagte eine Geldstrafe von 1.200 Euro zahlen. Von einem möglichen Berufsverbot hingegen nahm die Staatsanwaltschaft gestern Abstand: Der Angeklagte, dessen Apotheke bereits im Jahre 2000 geschlossen wurde, habe ohnedies bereits „faktisch“ sechs Jahre Berufsverbot erhalten, sagte die Staatsanwältin.

Heinz F., ehemals Inhaber einer Apotheke in der Neustadt, wird vorgeworfen, HIV-Infizierten statt der verschriebenen Medikamente Geld oder Drogenersatzstoffe gegeben, die Rezepte aber mit den Krankenkassen abgerechnet zu haben. Im Februar 2003 war F. deshalb vom Bremer Amtsgericht zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und einem Berufsverbot von einem Jahr verurteilt worden. Der 60-Jährige, hochverschuldet wegen der Rückzahlungsforderungen der Kassen, jobbt heute als Apotheker-Assistent.

Die Staatsanwaltschaft sieht ihn des gewerbsmäßigen Betruges für schuldig. Sie hält es für erwiesen, dass sich Heinz F. um mehr als 160.000 Mark bereichert hat – und zwar in einer „besonders verwerflichen“ Art und Weise, wie die Staatsanwältin gestern betonte.

Mit Hilfe von sieben HIV-PatientInnen soll der Apotheker 1998 und 1999 mindestens 43.000 Euro kassiert haben, pro Rezept bis zu 800 Mark. Diese Rezepte hatten mitunter einen Gegenwert von mehreren tausend Mark. In dem Verfahren, so die Auffassung der Staatsanwaltschaft, sei bis heute nur ein Bruchteil des tatsächlichen Betruges ans Tageslicht gekommen. Sie schätzt den entstandenen Schaden auf rund 250.000 Euro.

Der Angeklagte hatte die Vorwürfe auch im Berufungsverfahren stets vehement bestritten, behauptete bis zuletzt, alle in Betracht kommenden PatientInnen hätten ihre Medikamente ordnungsgemäß erhalten. F. sieht sich vielmehr als Opfer eines „Komplotts der Kammergänger und Neider“. Als dessen Drahtzieher vermutete er Bremens Pharmaziedirektor, dessen Frau ebenfalls in der Neustadt eine Apotheke betreibt.

Das Urteil – das ursprünglich schon gestern fallen sollte – wird für den kommenden Montag erwartet. mnz