heute in bremen: Öffentlich ist öffentlich
Um 13 Uhr (Sa) beginnt auf dem Hanseatenhof ein „Gänsemarsch“ gegen Diskriminierung
Ihre Gruppe, die „Bürgerinnen und Bürger gegen Obdachlosigkeit und die Diskriminierung der Betroffenen“ hat sich im Mai gegründet. Was war der Anlass?
Petra Klatte: Seit der jüngsten Verschärfung des Ortsgesetzes haben die Platzverweise gegen Obdachlose zugenommen – sie können sogar mit einem Bußgeld von bis zu 500 Euro belegt werden. Wir sind der Meinung, dass öffentliche Plätze öffentlich bleiben müssen. Im Übrigen sind zur Sicherung ihre Lebensunterhalts viele auf das Betteln angewiesen, und das ist am Rand der Städte nun mal schwer möglich. Wir erfahren immer wieder von Fällen, wo die „Bagis“ [Bremer Arbeitsgemeinschaft für Integration und Soziales] Obdachlosen ihre nach Hatz IV zustehenden Tagessätze einfach nicht auszahlt.
Es gibt Wichtigeres als die Rathaus-Arkaden. Aber dass die Bänke da meist ziemlich versifft sind, ist schon doof, oder?
Klar. Aber bei großen Events oder nach Werder-Spielen liegen auch überall Scherben herum – das wird gesellschaftlich toleriert.
Wie viele Obdachlose gibt es in Bremen?
Das ist sehr schwer zu recherchieren, bundesweit geht man von etwa 860.000 Betroffenen aus. Auf jeden Fall ist es eine wachsende Zahl zunehmend auch jüngerer Leute. Seit August kann Wohnungsgeld erst ab dem 25. Lebensjahr beantragt werden: Anstatt zwangsweise bei ihren Eltern zu wohnen, gehen etliche auf die Straße.
Ein Problem auf der Straße ist die relative Schutzlosigkeit gegen Gewalt.
Das kommt vor allem in ländlichen Gebieten und im Osten vor. In Bremen habe ich bisher von keinem Fall gehört.
Heute demonstrieren Sie. Was machen Sie noch?
Wir führen Gespräche mit den Betroffenen, um erst mal deren Situation zu begreifen. Die aus Osterholz-Tenever zum Beispiel müssen mangels Alternativen bis in die Waller Fleetstraße, wo „die Tasse“ eine sehr gute Arbeit macht. Speziell für alkoholkranke Obdachlose muss es mehr Anlaufstellen geben.
Fragen: Henning Bleyl
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