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„EU muss Druck ausüben“

ANTIZIGANISMUS Diskussion über gesamteuropäische Maßnahmen gegen die Diskriminierung von Roma

Antje Möller

■ 57, Diplom-Ingenieurin, ist seit 2001 bei den Hamburger Grünen zuständig für Innen- und Flüchtlingspolitik.

taz: Frau Möller, die Diskussion über Einwanderer aus Südosteuropa zielt oft auf die Roma. Ist in konservativen Kreisen überhaupt jemand aus Südosteuropa willkommen?

Antje Möller: Die Diskussion hat mehrere Stränge. Der eine bezieht sich auf Arbeitsmigranten aus EU-Ländern wie Rumänien und Bulgarien. Der andere auf Einwanderer aus Nicht-EU-Staaten wie Serbien oder Montenegro. Roma sind dabei oft im Fokus.

Wobei der immer wieder angeführte „Sozialmissbrauch“ nicht belegt ist.

Die Einwanderung in die Sozialsysteme ist eine Chimäre, dafür gibt es genügend seriöse Zahlen. Aber das ist heute Abend nicht unser Thema.

Sondern?

Wir werden über die Diskriminierung der Roma in Europa und über Antiziganismus in unserer Gesellschaft sprechen. Er hat viele Ausdrucksformen und äußert sich zum Beispiel durch Entscheidungen der deutschen Behörden oder durch die Zerstörung von Roma-Siedlungen in Frankreich. Auch durch die geringen Chancen auf Aufenthalt in Hamburg.

Ist das nicht alles bekannt?

Über Diskriminierung wird viel zu wenig öffentlich diskutiert, und gern wird auf scheinbar rechtliche Notwendigkeiten verwiesen. Deutschland hat auch hier eine historische Verantwortung, und die sollten wir im Blick behalten. Man muss für das Thema sensibilisieren, darüber sprechen.

Darüber sprechen verpflichtet aber noch zu nichts.

Nein, aber es verändert das Klima. Im nächsten Schritt muss man Strategien und Maßnahmen diskutieren, durch die man ethnische Diskriminierung verhindern kann.

Welche könnten das sein?

Es hat sich zum Beispiel gezeigt, dass während der Roma-Dekade des EU-Parlaments kein europäisches Land die bereitgestellten Mittel ausgeschöpft hat.

Was schlagen Sie vor?

Die EU muss mehr Druck auf die Mitgliedsstaaten ausüben, um ethnische Diskriminierung abzubauen.

Wie könnte der aussehen? Soll es Beschwerdestellen und Strafzahlungen geben?

Politischer Druck und öffentliche Diskussionen sind der wichtigere Weg. Der EU-Kandidat Romeo Franz sagt heute sicher mehr dazu.  INTERVIEW: PS

Diskussion mit dem EU-Kandidaten Romeo Franz, Fanny Dethloff (Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche), dem Antiziganismusforscher Marko Knudsen und Antje Möller: 18 Uhr, Rathaus, Raum 151

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