: Muss Bremen Häfen verkaufen?
Der Verkauf der Hafenumschlagsgesellschaft BLG würde viel Geld einspielen. In Karlsruhe muss Bremen gut begründen, warum es darauf verzichtet. Denn Hamburg verkauft seine HHLA
von Klaus Wolschner
Die erste Containerbrücke des neuen Terminals „CT IV“ in Bremerhaven ist gestern Vormittag vor 800 Gästen feierlich eingeweiht worden. „An der neuen Kaje und in anderen Bereichen des Hafen- und Logistikgeschäfts werden mehrere Tausend neue Arbeitsplätze entstehen“, versprach Wirtschaftssenator Jörg Kastendiek (CDU).
Aufgrund der Globalisierungsprozesse glänzt der Containerverkehr seit Jahren mit beispiellosen Wachstumsraten. Bis Ende des Jahres erwarten die in Bremerhaven operierenden Umschlagsunternehmen Eurogate, NTB und MSC Gate einen Umschlag von 4,4 Millionen Containern (TEU) und damit einen Zuwachs von 700.000 Stück gegenüber 2005. Das Land Bremen lässt sich die vier neuen Anlegeplätze, die bis Anfang 2008 fertig sein sollen, insgesamt 500 Millionen Euro kosten.
Doch muss ein Bundesland wie Bremen, das die Zinsen für seine Schulden nicht mehr bezahlen kann, nicht zunächst werthaltige Unternehmensbeteiligungen verkaufen, bevor es von anderen Bundesländern Finanzhilfe einklagen kann? Das ist die Frage, die das Verfassungsgericht am Donnerstag am Beispiel der Wohnungsbau-Beteiligungen Berlins aufgeworfen hat. Bremens Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) hat auf der Rückfahrt von Karlsruhe neben der Gewoba auch das Stichwort „Lagerhaus“ genannt.
Ein heißes Eisen – insbesondere, weil Hamburg gerade dabei ist, 49,9 Prozent der staatlichen Hamburger Hafenumschlagsgesellschaft HHLA auf dem Kapitalmarkt anzubieten. Hamburg wurde von den Verfassungsrichtern immer wieder als erfolgreicher Stadtstaat zum Vergleich herangezogen. Das reiche Hamburg verkauft, weil die Stadt das Geld braucht, um ihre Investitionen zu finanzieren. Bremen dagegen macht für seine Investitionen zusätzliche Schulden.
In diesen Tagen wird der Hamburger Senat mit Anzeigen in einschlägigen Fachzeitungen Interessenten an der HHLA auffordern, sich zu melden. Konkurrenten wie der Hafen Rotterdam hätten natürlich keine Chance, heißt es, ebenso wenig Reedereien wie Maersk, die mit 30 Prozent am geplanten Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven beteiligt ist und seitdem in Hamburg erst recht als „Konkurrentin“ gilt. Auch ostasiatische Global-Player-Reedereien wie PSA (Singapur) oder Hutchison (Honkong) sind im Hamburger Rathaus nicht erwünscht. Gesucht werde vielmehr ein Investor, der Hamburger Standort-Interessen vertritt. 750 Millionen Euro will die Hamburger Hafenbehörde in den nächsten drei Jahren in die Hafen-Infrastruktur an der Elbe investieren, der Verkaufserlös für 49 Prozent der HHLA wird deutlich über einer Milliarde Euro geschätzt. Rendite hat der Hamburger Senat derweil kaum von der HHLA: ganze 8,5 Millionen Euro im vergangenen Jahr.
Das sieht in Bremen anders aus: Rund 35 Millionen Euro hat die Bremer Lagerhaus GmbH 2005 an die Staatskasse überwiesen. Der größere Teil des Gewinns kommt von der Tochter Eurogate mit ihren europaweiten Terminals. Das macht die BLG-Anteile so lukrativ. „Der Auftrag an uns nach der Restrukturierung 1997/98 war es, kapitalmarktfähig zu werden“, sagt der Vorstandsvorsitzende der BLG, Detthold Aden: „Das ist aufgrund der guten ökonomischen Entwicklung gelungen.“ Für den Gesellschafter der BLG stünden nun alle Möglichkeiten des Kapitalmarktes offen: „Börsengang, Fonds oder die Aufnahme von Genusskapital“. Bislang, erinnert Aden, habe es den „politischen Konsens“ gegeben, Anteile der BLG nicht zu veräußern – wegen der Bedeutung für den Arbeitsmarkt und für den Logistik-Standort Bremen. Eben dieses Argument macht die Verkaufspläne in Hamburg so kompliziert: Zwar gäbe es genügend finanzstarke Bieter im internationalen Container-Geschäft, den meisten aber sind lokale Standort-Interessen schnuppe.
Die Standort-Vorteile, die neben der tatsächlichen Rendite positiv zu Buche schlagen, müssen allerdings beziffern, sagt Finanzsenator Nußbaum, wenn man das Bundesverfassungsgericht davon überzeugen wolle, dass es für Bremen ökonomisch sinnvoller sei, die BLG-Anteile nicht zu verkaufen.
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