: „Rückzug aus der Verantwortung“
Katja Roll vom deutschen Aktionsbündnis gegen Aids kritisiert geplante Kürzungen
taz: Frau Roll, wie bewerten Sie den Beschluss des Haushaltsausschusses im Bundestag, die ursprünglich geplante Steigerung der Mittel für den Globalen Aidsfonds der UNO zu kürzen?
Katja Roll: Das ist sehr problematisch. Deutschland hat für das kommende Jahr 92 Millionen Euro für den Globalen Fonds zugesagt, das ist ohnehin weit weniger als andere Geldgeber. Eine Kürzung um weitere 10 Millionen ist ein Rückzug aus der internationalen Verantwortung.
Die Begründung für die Umschichtung ist ja, dass man bilateral eingesetzte Mittel besser kontrollieren kann …
Das ist entwicklungspolitisch nicht ganz nachvollziehbar. Im Aidsbereich muss sowohl die multilaterale als auch die bilaterale Finanzierung ausgebaut werden. Deutschland ist als Geldgeber für Aidsbekämpfung in den letzten Jahren zurückgefallen, der deutsche Beitrag für die multilaterale Kooperation ist in letzten Jahren ständig gesunken. Dabei wird im Aidsbereich immer über notwendige Koordinierung gesprochen.
Es gibt Kritik, dass der Globale Fonds zum Teil nicht effizient wirtschaftet.
Der Globale Fonds ist ein ganz neues Instrument, er arbeitet erst seit 2002. Aber die Ergebnisse der bislang unterstützten Projekte sind sehr gut, der Großteil davon hat seine Ziele erreicht. Wir wissen, dass viele kleinen Projekte erst durch den Globalen Fonds ihre Präventions- und Behandlungsarbeit beginnen konnten. Der Fonds wickelt momentan 20 Prozent aller international verfügbaren Gelder für Aidsbekämpfung ab und 60 Prozent derer für den Kampf gegen Tuberkulose und Malaria. Er arbeitet nicht über Länderbüros, sondern über ein Sekretariat in Genf mit 250 Mitarbeitern, was für eine internationale Organisation sicher sehr wenig ist.
Warum ist Deutschland im Vergleich zu Großbritannien oder Frankreich so zurückhaltend, was multilaterales Engagement angeht?
Es gibt in Deutschland eine Regelung, wonach nur ein Drittel aller Entwicklungsausgaben multilateral getätigt werden dürfen und zwei Drittel bilateral eingesetzt werden müssen. Diese Regelung verstehen wir nicht, weil wir die beiden Kanäle nicht als konkurrierend ansehen würden. Was die Aidsbekämpfung angeht, hören wir aus dem Bundesentwicklungsministerium immer sehr unterstützende Ankündigungen. Leider fehlt es da an Unterstützung von höheren Ebenen in der Regierung und aktuell auch aus dem Haushaltsausschuss.
INTERVIEW: DOMINIC JOHNSON
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